Im vergangenen Frühjahr entzündete sich vor allem in Deutschland eine hitzige Debatte um den weltweit renommierten Politikwissenschaftler, Historiker und Philosophen Achille Mbembe, der in Johannesburg am Wits Institute for Social and Economic Research (WISER) der University of the Witwatersrand forscht und lehrt. Gegenstand der Vorwürfe in Deutschland gegen Professor Mbembe waren Textstellen insbesondere aus seiner jüngsten in deutscher Sprache erschienenen Monographie Politik der Feindschaft (Original: 2013/ deutsche Übersetzung 2017), in denen er sich antisemitisch geäußert haben soll. Auf diese Vorwürfe folgten wiederholt internationale Solidaritätsbekundungen für Achille Mbembe aus der Wissenschaft. Achille Mbembe selbst hat in Zeitungsartikeln beispielsweise in Deutschland und Frankreich alle Vorwürfe von sich gewiesen und sich von jeder Form des Antisemitismus deutlich distanziert. Inzwischen ist die Debatte abgeklungen – für uns von der L.I.S.A.Redaktion die Gelegenheit, nach den bisweilen sehr emotionalen Wochen und Monaten und mit etwas Abstand zurückzublicken. Dazu haben wir den Philosophen Prof. Dr. Ludger Schwarte von der Kunstakademie Düsseldorf um ein Gespräch aus einer philosophischen Perspektive gebeten. Im Mittelpunkt standen dabei die insbesondere in Deutschland publizierte Kritik und die internationale Bedeutung von Achille Mbembes Werk.
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Aber es bringt, wie es Sarah so schön auf den Punkt, gutdotierte Pöstchen in dubiosen Einrichtungen oder ABM-Organisationen, die die die "Demokratie fördern".
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Wo bleibt ihre Distanzierung von Unterstützern des BDS? Es ist Zeit keine Grautöne mehr zuzulassen!
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Nun, es wirkt leider, als setze Herr Schwarte deutlich unter dem Stand der Debatte selbst an und von einigen Aspekten hat er scheinbar keine Ahnung bzw. selbst wenig aus der Debatte gelernt, wie sich immer wieder in Nebensätzen äußert - z.B. die Vermischung von Rassismus und Antisemitismus (min 25': "solche Rassismen, die auch Jüd*innen treffen"). Dass sich das eine nicht einfach aus der Brille des anderen lesen lässt, dass die Erinnerung an Shoa und Kolonialverbrechen nicht direkt ineinander übersetzt werden können, war ja zentraler Punkt der Debatte.
Dass er Mbembe verteidigen möchte, ist selbstverständlich in Ordnung, dass er aber just die zentralen Stellen, auf die sich die Anschuldigungen beziehen, verdreht oder - noch schlimmer - schlichtweg negiert, ist haarsträubend.
Beispiel?
Ab 43'50'' versteigt sich Schwarte in die Aussagen a) Mbembe habe zwar etwas geschrieben für einen Band, aber gar nicht das Vorwort.
- Nun, so wird der Band aber offiziell beworben: "Foreword by Achille Mbembe" (https://www.haymarketbooks.org/books/742-apartheid-israel )
b) sagt Schwarte, der Band sei kein BDS-Band.
- Nun, die HErausgeber schreiben wörtlich: "The editors believe that the African Studies Association should move toward endorsing the academic boycott of Israeli universities. We offer these essays as a launching point and invite our colleagues to join us in this discussion." (https://africaisacountry.atavist.com/apartheidanalogy)
c) Würde sich Mbembe ja nicht für BDS aussprechen, im Text stünde nichtmal irgendwas von BDS.
Das ist nun wirklich heikel zu behaupten, denn explizit mag Mbembe das Wort "BDS" nicht benutzt haben, aber wie sonst ließe sich folgender Teilsatz aus seinem Vorwort (das nach Schwarte keines ist) verstehen: "...the time has come for global isolation"? (https://africaisacountry.atavist.com/apartheidanalogy)
Dieses Argument, Mbembe habe ja nicht BDS unterstützt, blendet doch auch gerade aus, dass Mbembe selbst ja mit Bezug auf BDS die Ausladung der israelischen Wissenschaftlerin Shifra Sagy erwirkt hatte.
Was also soll dieses Wortgeklaube? Solche schwachen Argumente, denen dann nichts mehr folgt, außer immer wieder, dass Mbembe kein Antisemit sei und man ihm nur die falschen Allianzen/Kontexte/Freunde vorwerfen könne, solche Argumente sind doch dermaßen leicht zu widerlegen, dass sie als Verteidigung nicht taugen. Letztlich ist Herr Schwarte dann auch noch in seinem Vorgehen vollkommen inkohärent: Mbembe schreibt in dem Vorwort (das keines sein soll...) genaugenommen ja nicht einmal über die Flüchtlingslager in der Westbank (die es seit 1948 gibt), wie von Schwarte behauptet, sondern explizit über die "occupation of Palestine" (die es erst seit 1967 gibt, seit dem 6-Tage Krieg gibt). Just in der obigen Logik von Herrn Schwarte, nur zu zählen, was ganz explizit genannt wird (und es dann auch nicht so genau zu nehmen), müsste man doch hier sagen: Falsch, darüber schreibt Mbembe doch gar nicht, bleiben Sie bei dem, was da auch steht! (Und es ließe sich angesichts solcher Mängel leicht daraus eine deutlich weniger freundliche Lesart stricken um zu fragen, um was es Herrn Schwarte hier eigentlich selbst geht - aber solche Polemiken bringen niemanden weiter)
Wo soll man also anfangen, es diesem Experten zu erklären? Herr Schwarte ruht sich auf einem professoralen Status aus, aber hat sich schlichtweg nicht mit der Materie beschäftigt. Mit solchen Gesprächen tut sich die Henkel-Stiftung keinen Gefallen, das ist Wasser auf die Mühlen derer, die Mbembe als persona non grata stigmatisieren.
P.S.: Schwarte sagt, Mbembe habe ja zu Recht seine Kritik an Israels Politik verknüpft mit "Fragen, die sich nicht lokalisieren lassen, sondern das Weltsystem Kapitalismus" beträfen, wo "Israel als Labor eines global agierenden Kapitalismus" fungiere (ab min 36'). Das ist doch Verdrehung, denn sowohl Mbembe als auch Schwarte lokalisieren genau in actu diese Fragen - nämlich eben anhand Israels... Ein Philosoph sollte diesen strukturellen Widerspruch der eigenen Argumentation erkennen können.
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Die Jusos? Indiskutabel wie schon seit Jahren.
Das eigentlich Problem ist die „Initiative GG 5.3. Weltoffenheit“. Hier wird von Offiziellen des Goethe-Instituts der gute Name dieser öffentlich finanzierten Organisation nachhaltig beschädigt. Als Privatmensch kann man den BDS beurteilen wie man will, aber als steuerzahlerbezahlten Offiziellen steht den Verantwortlichen dieses Urteil nicht zu. Im Prinzip müsste die Konsequenz klar sein, sollte es nicht eine Klarstellung und Entschuldigung geben.
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Aber 2020 erfolgt nur eines: dröhnendes Schweigen. Was das bedeutet, kann sich jeder selber ausmalen.
Ich beantworte mir meine Frage, was die Zivilgesellschaft aus 1933 gelernt hat dann selber: Nichts! Aber dann hören sie auch auf der AfD Antisemitismus vorzuwerfen. Das ist dann nur noch Heuchelei.
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75 Jahre nach Auschwitz nennen die Jusos die Fatah eine "Schwesterorganisation"
75 Jahre nach Auschwitz wollen die Kulturstiftung des Bundes, das Goethe-Institut, die Stiftung Humboldt Forum den unsäglichen BDS wieder hoffähig machen
75 Jahre nach Ausschwitz werden die BDS-Problematiken von Mbembe verharmlost (auch hier)
Ich hätte alles für möglich gehalten, aber das 75 Jahre nach Ausschwitz solcherlei möglich ist, macht mich sprachlos.
Wo bleibt der Aufschrei der Zivilgesellschaft? Was hat sie aus 1933 gelernt?
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"Die Logik des Konzentrationslagers", schreibt er etwa, gehe auf die britischen Besatzer in Südafrika zurück, den "geplanten Massenmord" an den Juden hätten die Deutschen zuvor mit den Herero erprobt. Und was Israel heute den Palästinensern antue, sei "schlimmer als die vergleichsweise primitiven Maßnahmen" des südafrikanischen Apartheidsregimes.
( https://www.sueddeutsche.de/kultur/achille-mbembe-historiker-antisemitismus-debatte-1.4887230 )