Eigentlich sollte die Geheimrede Hitlers vor der Wehrmachtsführung am 22. August 1939 auf dem Obersalzberg zu einem zentralen Beweisstück des Nürnberger Prozesses 1945/46 werden. Denn in dieser Ansprache hatte der „Führer“ kurz vor dem Krieg all seinen wichtigen Generälen enthüllt, dass er für die Deutschen die „Erd-Herrschaft“ anstreben und über kurz oder lang alle „minderwertigen Rassen“ vernichten lassen werde. Die gesamte Wehrmachtsführung wurde somit zum Mitwisser. Allerdings gelang es in Nürnberg nicht, die Weitergabe dieser Geheimrede am 25. August 1939 an den Berlin-Korrespondenten der amerikanischen Nachrichtenagentur AP, Louis Lochner, durch den militärischen Widerstand unter Admiral Canaris zu rekonstruieren. Dabei war Lochner sogar beim Prozess als Berichterstatter anwesend. Die Hintergründe und Zusammenhänge, die einem Polit- und Geschichtsthriller ähneln, werden in dem Vortrag erstmals umfassend rekonstruiert.
Norman Domeier ist Privatdozent am Historischen Institut der Universität Stuttgart. Seit Oktober 2021 lehrt er als DAAD-Gastprofessor für deutsche und europäische Geschichte an der Karls-Universität Prag. Für sein Buch „Der Eulenburg-Skandal. Eine politische Kulturgeschichte des Kaiserreichs“ erhielt er 2010 den „Geisteswissenschaften International“-Preis des Deutschen Börsenvereins. Ende 2021 ist seine Habilitationsschrift „Weltöffentlichkeit und Diktatur. Die amerikanischen Auslandskorrespondenten im Dritten Reich“ erschienen. Der Aufsatz zur "Lochner-Version" der Hitler-Geheimrede von 1939 ist dieses Jahr in der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (2022, Heft 6) erschienen.