Auf die Frage, was zukunftsfähiges Wissen ist, hat der Sozialpsychologe Prof. Dr. Harald Welzer gleich zu Beginn eine überraschende Antwort. Wie viel diese Antwort mit Unterscheidungsvermögen, Urteilskraft und der Tauglichkeit von unterschiedlichen Wissenstypen zu tun hat, erläutert er in seinem Vortrag, den er anlässlich der Tagung "Die Zukunft der Wissensspeicher" gehalten hat. Dabei greift er auf autobiographische Erzählformen zurück und beweist sowohl durch seinen eigenen Werdegang als auch in seiner besonderen Art des Vortrags einmal mehr, dass unkonventionelles Denken zu untypischen, bisher wenig gedachten und insgesamt weiterführenden Antworten führen kann.
Die Zukunft der Wissensspeicher. Forschen, Sammeln und Vermitteln im 21. Jahrhundert
Zwei Tage lang tauschten sich vor einer Woche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerin in der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste in Düsseldorf über ihre Erfahrungen bei der Speicherung von Wissen in Bibliotheken, Museen und Archiven aus. In zwölf Beiträgen wurden Dynamiken des Wissens, Wissensräume und Wissenswege entworfen und zur Diskussion gestellt. Präsentationen aus der Praxis und Reflexionen über die Folgen des digitalen Wandels ergänzten sich und regten dazu an, konkrete digital verortete Projekte kritisch zu überprüfen
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Kommentar
Herr Welzer schildert eine Flucht aus der Klemme zwischen den 'Zumutungen' aus Wirtschaft und Politik auf der einen und der 'Betriebsamkeit' des Wissenschaftsalltags auf der anderen Seite. Seine persönliche Strategie, beiden Monstren zu entkommen, ist der Ausstieg. Interessanter Weise übernimmt er dabei aber auch die Positionen beider Seiten. Seit der Wissenschaftsbetrieb die von Herrn Mittelstrass beschriebenen Wandlungen durchlaufen hat, ist sie Opfer vielfältiger Vereinnahmung aus Wirtschaft und Politik (stehen die sozialen Bewegungen dabei eigentlich wirklich so weit zurück, wie suggeriert wird?). Auf der anderen Seite ist das wissenschaftliche Arbeitsumfeld rigide, intransparent und reformunfähig. Wäre das Wort nicht so böse, man wollte es fast als ineffizient bezeichnen - das I-Wort wurde ja bereits in einer Wortmeldung diskutiert.
Als jemand, der von diesen Dingen auch nichts versteht, lässt mich der Vortrag mit vielen Fragen zurück. Ist die Wissenschaft in Deutschland ein wohlfeiles Opfer, da ihre Organisation schlecht und strukturell schwach ist? Ist sie anfällig für die Übernahme aufgezwungener Probleme, weil ihr die Fähigkeit und das Selbstbewusstsein fehlt, eigene zu entwickeln? Ist sie abhängig von wirtschaftlichen Unternehmen, weil sie ihre technischen Probleme nicht selbst lösen kann? Gibt es eine Abwanderung qualifizierten Personals, weil dieses die Betriebssysteme oder deren Lokaleinstellungen wechseln? In wie weit hängen diese Probleme von der inadäquaten Verwendung leerer Worthülsen aus Wirtschaft und Politik ab?