Liebe L.I.S.A.Community,
wer die Bilder von der Demonstration gegen die Krise der Clubkultur in Berlin gesehen hat, könnte meinen, die Coronakrise sei ausgestanden. Das Wasser war von Schlauchbooten voller feiernder Menschen bedeckt. Dabei kann man es doch gerade jetzt genießen, ein Freibad zu besuchen, das nur zur Hälfte gefüllt ist - und das an Tagen, die üblicherweise den Bildern der Schlauchbootparty ähneln. Das gilt übrigens auch für die meisten anderen öffentlichen Einrichtungen, in denen es im Normalfall zu Menschenaufläufen und großem Gedränge kommt, wie beispielsweise für Museen. Diese dürfen seit Anfang Mai wieder ihre Türen öffnen - unter Einhaltung eines besonderen Schutz- und Hygienekonzepts und der Begrenzung der Besucherzahl.
Wir von der L.I.S.A.Redaktion nehmen diese Gelegenheit wahr und treffen uns in Vorbereitung eines Interviews, das demnächst in unserem Portal erscheinen soll, gerade in Bonn vor der Bundeskunsthalle. Hier ist seit Mitte März die Ausstellung Wir Kapitalisten. Von Anfang bis Turbo zu sehen, die zwischenzeitlich unterbrochen werden musste, nun aber bis Ende August wieder besucht werden kann. Zur Wiedereröffnung lässt die Bundeskunsthalle über ihren Internetauftritt wissen, dass die Ausstellung "...aktueller kaum sein könnte! Denn die Coronakrise ist auch ein Lehrstück über das Funktionieren unserer Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung". Ausgestattet mit Masken und unter Einhaltung des Mindestabstands von 1,50 Meter wollen wir uns gleich einen Eindruck davon verschaffen, ob dieser Anspruch der Ausstellungsmacher aus unserer Sicht eingehalten wurde. In jedem Fall werden wir unseren Besuch nutzen, um die Fragen, die sich uns stellen, später an die Kuratoren der Schau weiterzuleiten.
Was unsere neuen Beiträge bei L.I.S.A. betrifft, möchten wir Sie vor allem auf drei aufmerksam machen: Die Kunsthistorikerin Franca Buss und der Kunsthistoriker Philipp Müller haben in einem ausführlichen Artikel die Ikonographie der Covid-19-Berichterstattung untersucht und kommen dabei zu sehr interessanten Schlussfolgerungen. Mit der Coronakrise beschäftigt sich auch unser Interview mit den Historikerinnen Prof. Dr. Simone Lässig vom Deutschen Historischen Institut in Washington und Prof. Dr. Astrid M. Eckert von der Emory University in Atlanta. Wir wollten wissen, wie sich die Corona-Pandemie auf die Vereinigten Staaten von Amerika, die Universitäten und die digitale Lehre dort auswirkt. Um einen ganz anderen Zusammenhang geht es in unserem Interview mit den Historikern Dr. Martin Klüners und Prof. Dr. Jörn Rüsen. In einem Essayband haben sich beide zum Verhältnis der Geschichtswissenschaften zu Religion und Sinn geäußert. Hat die wissenschaftliche Beschäftigung mit Geschichte zwei anthropologische Bedürfnisse aus den Augen verloren? Ist das Metaphysische überhaupt ein Gegenstand, der geschichtswissenschaftlich erforscht werden kann? Beide Historiker nähern sich diesen Fragen aus unterschiedlichen Perspektiven.
So, unser Zeitfenster für den Besuch der Ausstellung bricht gerade an - wir freuen uns auf einen interessanten Rundgang in einem nicht allzu vollen Museum!
Herzliche Grüße aus Bonn
Ihre L.I.S.A.Redaktion