Die Frage, ob die Coronakrise eine neue Epoche einläutet, war der Ausgangspunkt des CoronaLogBuchs. Ende März diskutierten Prof. Dr. Jürgen Zimmerer und Georgios Chatzoudis diese Frage mit Dr. Mahret Ifeoma Kupka und Prof. Dr. Paul Nolte. Seither sind gut elf Wochen vergangen und es ist viel passiert - vieles, was man vor der Krise nicht für möglich gehalten hätte. Nun gibt es aber inzwischen vermehrt Anzeichen, dass die Prä-Coronazeit zurückkehrt. Also, dann doch keine Epochenwende? Die wiederaufgewärmte Frage haben Jürgen Zimmerer und Georgios Chatzoudis in ihrem gemeinsamen Logbuch wieder mit Mahret Ifeoma Kupka, aber dieses Mal in Kombination mit Prof. Dr. Andreas Rödder diskutiert.
"Das fühlt sich einerseits viel länger an, andererseits noch immer irreal"
Zimmerer: Ist die Coronakrise eine Epochenwende? Das hatten wir gleich in unserem ersten CoronaLogBuch diskutiert, Ende März. Ich würde gerne diese Frage erneut aufgreifen und mit der Frage an Sie beginnen. Wenn Sie sich zurückerinnern? Wo lagen Sie mit Ihrer Einschätzung richtig, wo lagen Sie völlig daneben?
Rödder: Daneben lag ich mit der Vorstellung, dass die Stimmung gegen die Einschränkungen schneller kippen würde.
Zimmerer: Sie dachten noch schneller?
Rödder: Ja, hätte ich erwartet.
Kupka: Ich weiß gar nicht mehr, was ich damals sagte, es fühlt sich bereits so weit weg an - was möglicherweise eine Antwort auf diese Frage schon impliziert.
Rödder: In der Tat haben wir wohl alle eine völlig verschobene Zeitwahrnehmung: der Lockdown begann vor elf Wochen, wenn ich richtig rechne, und das fühlt sich einerseits viel länger an, andererseits noch immer irreal.
Zimmerer: Ich muss gestehen, dass ich gar nicht mehr das Gefühl habe, er bestehe noch. Lockdown gab es ja nicht, aber die Beschränkungen. Haben wir uns schon daran gewöhnt?
Kupka: Teils, teils. Ich denke viele haben sich an den Alltag gewöhnt und ihre Lösungen gefunden. Parallel dazu sind die Erregungsherde, die zuvor auch schon da waren, weiter hochgekocht.
Zimmerer: Um auf die Beobachtung von Herrn Rödder zurückzukommen. Ich bin eher überrascht von der Form des Widerstandes, spät, aber nun sehr fundamental(istisch).
Rödder: Was die Form des Widerstandes betrifft: ja, den Fundamentalismus hätte ich auch nicht erwartet - aber er reflektiert die Zeit vor der Krise: einen offenkundig fortschreitenden Vertrauensverlust in die demokratischen Institutionen und Verfahren.
Kupka: Dem stimme ich zu.
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vielen Dank für das Lob, das uns sehr freut!
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Viel Spaß beim Hören, wir freuen uns über mögliches Feedback!
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Ihre L.I.S.A.Redaktion
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Aus Tbilisi, herzlichst, ihr Tilmann Kulke