Wie kann dieses «Raum geben» nun aussehen? Zum einem ist es erstmal durchaus materiell gemeint: Tische in Teeküchen mit Fenstern, Besprechungs- und Gemeinschaftsräume, die tatsächlich auf Kommunikation und Zusammenarbeit ausgelegt sind (jenseits von Bibliothek, Gang und Poolbüros), Bänke und Tische in Aussenbereichen – all das trägt dazu bei, Gespräche anzustossen und zunächst einmal den Austausch vor Ort zu ermöglichen.
Das «Raum geben» ist aber anderseits auch und vor allem zeitlich zu verstehen. Wie der Titel meines Beitrags es schon ankündigt, würde ich mir für die «beste aller Zukünfte», neben den strukturellen Verbesserungen, die hier bereits mehrfach angemahnt wurden, ein Umfeld für Forschung und Lehre wünschen, das Kooperation, Kollaboration und Kommunikation priorisiert und das heisst vor allem: Zeit dafür gibt.
Gespräche und Zusammenarbeit können gefördert werden, indem z. B. die Arbeit an Blogs und Social Media WissKomm, das regelmässige informelle Gespräch mit Kolleg*innen und Student*innen Teil der Stellenbeschreibungen und damit der bezahlten Zeit von Forscher*innen werden – das System verlässt sich hier viel zu sehr auf die intrinsische Motivation aller Beteiligten. Idealerweise holt man daher die zwischenmenschlichen Kontakte und die interessanten und innovativen Ideen aus der Freizeit zurück in die Arbeitszeit, gerade weil man nicht genau sagen kann, wo die die konkrete Projektbesprechung endet und das kreative Denken und Herumspielen anfängt.
Realistische Zeitbudgets halten in dieser Ko-Zukunft ein gewisses Kontingent für das Schwelgen in verrückten Ideen, das Zusammensitzen, Brüten und ja, auch für das Scheitern von Projekten bereit. Das macht nicht faul und unproduktiv – im Gegenteil: wenn jenseits der verbrieften Arbeitszeit ohne Angst vor Burn-Out und Verlust von privaten Sozialkontakten agiert werden kann, melden sich Ideen sicher auch weiterhin beim Gärtnern, Eltern sein oder Downhillracing. Man (und die Wissenschaft) ist aber nicht mehr darauf angewiesen.
Es braucht diese Zeit, um mit Menschen, mit denen man nicht eh schon ewig zusammensitzt, die weit weg oder noch nicht so geübt sind – Studierende, Doktorand*innen, Nichtwissenschaftler*innen – Projekte zu entwickeln und an ihnen zu arbeiten. Vor allem aber jenseits der Projektlogik greift das. Um nur ein Beispiel aus meinem Teilfach, der Mediävistik, zu nennen: wir sind inzwischen alle sehr gut darin, die geforderte Internationalität und Interdisziplinarität unserer Forschung (manchmal sogar der Lehre) zu betreiben und zu ‘verkaufen’. Der Austausch aber, vor allem auch mit den Fachkolleg*innen der anderen Epochen, geht mehr und mehr verloren, das transepochale Gespräch ist uns abhanden gekommen – sowohl inhaltlich als auch was die Ziele, Methoden und Theorien des Faches angeht. In einer «optimalen Geschichtswissenschaft» ist für die nötige, ausufernde Kommunikation und den Mehraufwand für echte Kollaboration in den Projekten ebenso Zeit wie für solche Grundlagengespräche unter Kolleg*innen. Nicht alles, was hier gesprochen und angepackt wird, landet bei den PR-Abteilungen der Universitäten oder in Zwischen- und Abschlussberichten an die Förderinstitutionen. Am Ende haben Alle mehr davon, wenn nicht jede heisse Luft gleich in einen Antrag mündet und jedes kleine Projekt zig Aufsätze generieren muss, um möglichst sichtbar zu sein. Denn das ist mein letzter Punkt: die ganzen Ko-s tendieren dazu, unsichtbar zu sein. Sie funktionieren so gut, weil sie nicht ständig «hier» schreien.