Der Vortrag bietet eine umfassende Analyse der Anstrengungen von Seiten der jüdischen Gemeinde in Regensburg im 15. Jahrhundert, ihre Vertreibung zu verhindern. Die Analyse konzentriert sich auf zwei Hauptereignisse: die Ritualmordbeschuldigung von 1476-1480 und die Vertreibung der Gemeinde im Jahr 1519. Anhand der Fallstudie Regensburg können die Handlungsspielräume von mittelalterlichen Juden und Jüdinnen im Angesicht der Bedrohung von Vertreibung besser verstanden werden, da innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums von weniger als fünfzig Jahren erfolgreiche und weniger erfolgreiche Abwendungsversuche untersucht werden können.
Auf die Ritualmordbeschuldigung im Jahr 1476 reagierte die jüdische Gemeinde mit einer Kombination aus diplomatischen und rechtlichen Mitteln, sowohl lokal in der Stadt als auch in Verbindung mit überregionalen Verbündeten. Sie mobilisierte Unterstützung von einflussreichen Verbündeten und nutzte rechtliche Verfahren, um die Anschuldigungen zu entkräften. Diese Strategie war erfolgreich; es gelang ihnen, nicht nur die unmittelbare Bedrohung abzuwenden, sondern auch ein Verbot zukünftiger Vertreibungen zu sichern. Dieser Erfolg wird im Vortrag als Zeugnis für das effektive Agieren der Gemeinde in einem feindlichen Umfeld dargestellt.
Im Kontrast dazu steht die Vertreibung der Gemeinde im Jahr 1519. Trotz ähnlicher Bemühungen wie 1476, einschließlich der Suche nach rechtlichem Schutz und Teilerfolgen in der rechtlichen Auseinandersetzung scheiterten diese Anstrengungen schlussendlich. Der Vortrag untersucht, wie sich der politische Kontext nach dem Tod Maximilians veränderte, was die Situation der jüdischen Gemeinde erheblich verschlechterte. Es wird argumentiert, dass diese Veränderungen in der politischen Landschaft dazu führten, dass frühere erfolgreiche Strategien wirkungslos wurden.
Der Vortrag beleuchtet die Komplexität der Beziehung zwischen der jüdischen Gemeinde und der städtischen sowie der politischen Machtstruktur. Er zeigt auf, wie die Gemeinde in Regensburg versuchte, ihre Position durch rechtliche Mittel und politische Bündnisse zu stärken, und wie diese Strategien in unterschiedlichen historischen Kontexten unterschiedlich erfolgreich waren. Die detaillierte Analyse dieser Ereignisse bietet somit einen tieferen Einblick in die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Regensburg und hebt die Bedeutung von politischen und sozialen Bedingungen hervor, die über den Erfolg oder Misserfolg ihrer Anstrengungen entschieden.