Die "Rationalisierung" des Autors erscheint in sich selbst widersprüchlich und kognitiv dissonant.
Obwohl er die "koloniale Wertschöpfung" durch todbringende Zwangsarbeit erwähnt, überhöht er die vermeintlich "ursprüngliche Intention" kolonialer Konzentrationslager zur "Beendigung kolonialer Kriege" in einer Art und Weise, dass der selbst dabei schon immanente 'Vernichtungsgedanke' mit einer quasi pseudopazifistischen Legitimation bemäntelt wird. Den Höhepunkt der Bigotterie stellt jedoch seine Verniedlichung dieser primären Vernichtungspraxis mit 'Mehrwertshintergrund' zum infrastrukturellen 'Lapsus' durch "Unterversorgung" dar, mit dem er einen „modernen, genozidalen Plan europäischer Kolonialbürokraten" mal eben ausschließt. Genozide als einfach nur 'unüberlegter technokratischer Pannenmodus'?
Derartige eurozentrische Rationalisierungen der eigenen Kolonialgeschichte verniedlichen die Verbrechen der Völkermörder und Sklaventreiber zu quasi 'nicht perfekt genug geplanten' Unternehmungen nach dem Motto: "Denn sie wussten nicht, was sie taten". Diese Perspektive erwähnt die Opfer dieser planmäßigen und kontinuierlich weiterentwickelten Vernichtungslogik wenn überhaupt, nur am Rande und als Subjekte vermeintlich 'objektivierter Not-wendig-keit'.
Dass es beim Abtransport der kriegerisch geraubten Kolonialgüter ganz offenbar deutlich weniger infrastrukturelle "Unterversorgung" gab und schon die Errichtung dieser Infrastrukturen selbst wieder unzählige Todesopfer unter den Kolonisierten forderte? Kein Ding! Das zählt offenbar genauso wenig zum "tieferen Verständnis sowohl der kolonialen als auch der aufgerufenen NS-Lager", wie die hier vorgeschobenen "Intentionen", die die Kontinuität der Vernichtung-durch-Arbeit-Mentalität in allen diesen Konzentrationslagern 'außen vor' lässt...
Die menschenverachtenden, technokratischen Kontinuitäten kolonialer, faschististischer und imperialistischer Genozide - insbesondere bei den deutschen Völkermordexperten - sind also im "tieferen Verständnis" nurmehr ein "interimperialer Lernprozess (mit) Entstehung eines gemeinsamen imperialen Wissensspeichers"?! Nix Besonderes! Gängige Praxis!
Da wundert es dann ja wohl auch nicht mehr wirklich, dass die heutigen Anker-Zentren zur 'Beendigung von Migration' auch wieder Massenlager sein sollen. Da soll bzw. darf zwar keiner mehr arbeiten - aber der Beendigungsgedanke des "imperialen Wissensspeichers" (inklusive kolateraler Suizid- oder Gewaltopfer) hat halt ein offensichtlich "tieferes" Gewicht, als 'oberflächliche' Menschenwürde - oder?
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Danke für den klugen Kommentar von JWBraun, den ich 100% unterschreiben möchte. Ich bin auch eine von diesen "tumben Historikerinnen". Mir ist nicht klar, wieso L.I.S.A. solche Beschimpfungen für förderlich oder gar interessant hält - was oder wem soll das nützen? Ich könnte zurückschießen: Der Halbzeitwert sozialwissenschaftlicher Analysen ist superkurz. Gründliche Arbeit mit Substanz leisten: Historikerinnen. Sie sind es, die am besten wider die kursierenden "Fakes" argumentieren können, zweifellos. Ich weiß wovon ich spreche, ich bin seit mehr als zehn Jahren verantwortlich für eine sozialwissenschaftliche Zeitschrift (die, ja, in Scopus zu finden ist). Ich meine das nicht als Beschimpfung - ich beschreibe das Wesen der Sozialwissenschaften, die eben wenig mehr als die unübersichtliche Gegenwart kennen und zu ordnen versuchen. Das ist *disziplinen-inhärent*. Offenbar hat Herr Professor Theweleit weder Ahnung von der Disziplin Geschichtswissenschaft, die er da verunglimpft, noch möchte er welche haben. Davon unbenommen ist, dass Historiker in der Tat viel mehr gesellschafts- und demokratiewirksam tun könnten (oder müssten) als sie es gemeinhin tun. Die überkommene Trennung von "Akademischem" und der Gesellschaft ist nicht überwunden, längst nicht. Aber beileibe nicht nur unter Historikerinnen.