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Von den Verfolgungen des „Schwarzen Todes“ 1348–1350 sind nur wenige Regionen der deutschen Lande (im Norden und Osten) verschont geblieben. Doch schon bald nach den verheerenden Pogromen begannen die Überlebenden sich zu reorganisieren und das Siedlungsnetz wiederaufzubauen, wie Dr. Jörg Müller (Universität Trier) in seinem Vortrag zeigt. Als Ausgangspunkte dienten vornehmlich die traditionellen religiösen und gemeindlichen Zentren. Dabei kam den Juden in den ersten zwei bis drei Jahrzehnten nach den Verfolgungen zugute, dass die städtische Wirtschaft – insbesondere nach den durch die Pest verursachten Umbrüchen – ebenso wenig auf die Leistungsfähigkeit der Juden als Geld- und Kreditgeber verzichten konnte wie territorialpolitisch ambitionierte Herrschaftsträger. In dieser Situation ist es – freilich ausschließlich finanzkräftigen oder beruflich anderweitig spezialisierten – Juden vielfach gelungen, sich Handlungsspielräume zu verschaffen und angesichts miteinander konkurrierender christlicher Herrschaftsträger häufig günstige Ansiedlungsbedingungen zu erlangen. Ursächlich für den Stellenwert, den die althergebrachten zentralen Orte im Rahmen der Reorganisation jüdischen Lebens einnahmen, waren ebenso kultisch-kulturelle, herrschaftliche, wirtschaftliche und familiär-soziale Aspekte wie die mit den jüdischen Friedhöfen verbundene memoria und vermutlich auch ein gewisses Maß an „Heimatverbundenheit“. Doch bereits in den siebziger Jahren des 14. Jahrhunderts setzte eine allmähliche, multikausal bedingte Verschlechterung jüdischer Lebensverhältnisse ein, die unter anderem auch zur Abwanderung zahlreicher Juden aus dem Reichsgebiet nach Norditalien führte.