Der April, der April, der macht, was er will. So weiß es eine alte Bauernregel. Und gemäß dieser wechseln sich seit einigen Tagen Sonne und Wolken sowie Wind mit Regen, Hagel und Schnee ab, und die gemessenen Temperaturen oszillieren dabei unvorhersehbar zwischen einem und zwanzig Grad Celsius. Dagegen hilft dann auch keine Wetter-App, auf die man sich in Sachen Wettervorhersage derzeit wohl noch am wenigsten verlassen kann. Und wenn bei solchen Wetterkapriolen gleich von Extremwetter zu lesen ist, lohnt vielleicht ein ruhiger Blick auf die alten Bauernregeln. Diese hatten lange Bestand, wurden aber im Zuge der Aufklärung als Bauernweisheiten abschätzig belächelt. Die Wissenschaft des 20. Jahrhunderts, insbesondere die Meteorologie, konnte längst aufgrund von statistischen Daten nachweisen, dass die überlieferten Wetterregeln alles andere als abergläubischer Hokuspokus ungebildeter Menschen waren und sind. Tatsächlich scheinen diese auf jahrhundertlanger Beobachtung und Überlieferung beruhenden Erfahrungen ziemlich wetterfest zu sein. Das Aprilwetter wäre demnach nicht ein Vorbote des Klimawandels, sondern schlichtweg normal.
Für rurale Gesellschaften waren diese frühen Formen der Wettervorhersage existentiell, ließ sich doch so noch am ehesten abschätzen, wann eine günstige Wetterkonstellation für die Aussaat vorlag und mit welchem Ertrag bei der Ernte erfahrungsgemäß zu rechnen war. So heißt es beispielweise für den 4. April, an Sankt Ambrosius: "Erbsen säe an Ambrosius, so tragen sie reich und geben Mus." Und einen Tag später, an Sankt Vinzenz gilt: "Ist Sankt Vinzenz Sonnenschein, bringt es viele Körner ein." Oder wahlweise: "Ist Sankt Vinzenz Sonnenschein, gibt es viel und guten Wein." Auch schöne Aussichten...
Kurzsichtig wäre es nun aber, daraus den Schluss zu ziehen, das Wetter sei schon immer so gewesen und werde auch immer so bleiben. Hellsichtiger scheint es dagegen, den Einfluss auch des Menschen auf meteorologische Abläufe zu erkennen. Eine sehr frühe Form war beispielsweise der Eingriff in den Kalender. Der Wechsel vom Julianischen Kalender zum Gregorianischen 1582 brachte eine Reihe von Bauernregeln zeitlich aus dem Tritt. Was beispielsweise einst für Anfang April galt, ereignete sich nach der Kalenderreform bereits gut zehn Tage zuvor noch im März. Viel wesentlicher beeinflusst der Mensch aber das Wettergeschehen offenbar durch massive Eingriffe in die Natur bzw. in die ihn umgebende Umwelt. Den Versuch, menschengemachte Veränderungen in einer modernen globalen Umweltgeschichte zu beschreiben und zu erklären, hat der Historiker Prof. Dr. Frank Uekötter in seinem neuen Buch unternommen. Das ausführliche Interview dazu finden Sie bitte in der nachfolgenden Übersicht.
Eine andere Form des blinden Flecks bespricht der Thomasius-Club mit der Philosophin und Kulturwissenschaftlerin Prof. Dr. Michaela Ott. Dabei geht es aber weniger um Wetter- und Umweltphänomene, sondern vielmehr um Fragen der französischen Theorie und deren Leerstellen hinsichtlich postkolonialer Theorie. Apropos postkolonial: Über postkoloniale Zeitgeschichte informieren die Kolleginnen und Kollegen von Zeitgeschichte online in ihrer neuen Ausgabe. Und auch wir nehmen uns dieses Themenkomplexes beim nächsten Geschichtstalk an. Uns soll dabei vor allem das Bemühen leiten, eine unaufgeregte Debatte über Nutzen und Grenzen des Postkolonialismus für die Wissenschaft zu führen. Näheres dazu geben wir in Kürze bekannt.
Was Sie vielleicht noch wissen sollten: Von morgen an zu Sankt Amantius gilt: "Wenn es viel regnet um den Amantiustag, ein dürrer Sommer folgen mag." Und wer's andersherum lieber mag: "Ist’s um Amandus schön, wird der Sommer keine Dürre seh’n."
Herzliche Grüße aus dem Rheinland
Ihre L.I.S.A.Redaktion