Wenn von Digital Humanities (DH) die Rede ist, liegt der Fokus oft auf dem Digitalen, auf den neuen Möglichkeiten, welche die technischen Entwicklungen der letzten Jahre eröffnen. Jedoch sollte bei Digital Humanities nicht primär digital im Vordergrund stehen, sondern die Human- und Geisteswissenschaften, die sich digitaler Methoden zur Unterstützung ihrer wissenschaftlichen Forschung bedienen. Im Zentrum dieser Forschung stehen trotz digitaler Optionen dennoch die etablierten Fragestellungen der Humanwissenschaften. Technische Entwicklungen können neue Wege der Erkenntnis eröffnen oder bestehende Methoden vereinfachen und erleichtern, doch ohne fundierten Expertinnen und Experten der Geisteswissenschaften in diesem Prozess eine zentrale Rolle zuzugestehen, können digitale Forschungs-Systeme die Bedürfnisse und Zielsetzungen ihrer Benutzerinnen und Benutzer nicht (gut genug) unterstützen und werden auch nicht nachhaltig von diesen aufgenommen. Welche Möglichkeiten gibt es, den Einfluss von prä-, non-, oder postdigitalen Konzeptionen der Geisteswissenschaft in den DH zu stärken? Wie können Projekte in den DH weniger technologie- und stärker menschen- oder inhaltsgetrieben geplant und durchgeführt werden? Eine Antwort darauf gibt in diesem Vortrag Dr. Eva Mayr von der Donau-Universität Krenz.
Konferenz
Die Digital Humanities werden häufig als digital transformierte Bearbeitung von Fragestellungen aus den verschiedenen beteiligten Fächern beschrieben. Daneben entsteht der Eindruck, dass die DH in weiten Teilen eine daten-, algorithmen- und werkzeuggetriebene Wissenschaft sei, die von ihren unmittelbaren Möglichkeiten und ihren Praktiken dominiert sei. Wie lässt sich dies aber mit dem kritischen Anspruch der Geisteswissenschaften vereinbaren? Gibt es im Umgang mit digitalen Medien, in der Modellierung, Operationalisierung und Formalisierung der Arbeit mit Computern implizite, stillschweigend akzeptierte Agenden, die einer Reflexion durch einen „Intellectual Criticism“ bedürfen?
Die Tagung soll den Fokus auf die kritische Dimension digitaler Forschung richten und damit Denkanstöße zu Theoriebildung und Epistemologie der digitalen Forschung geben. In diesem Rahmen sollen auch gesellschaftliche, soziale und politische Dimensionen der in allen Bereichen wirksamen Digitalisierungsprozesse unter so heterogenen Begriffen wie Interaktionsformen, Partizipation, Bildung, Digital Literacy sowie Auswirkungen und Rückwirkungen der Digitalität auf Wissenschaft und Gesellschaft diskutiert werden.
Im Rahmen der Tagung sollen daher unter anderem folgende Fragen verfolgt werden:
– Kritik der Digitalisierung – Formate, Standards und Praktiken
– Kritik digitaler Angebote, Projekte und Werkzeuge
– Kritik der digitalen Methoden
– Kritik der digitalen Geisteswissenschaften (traditionelle Fächer und DH)
– Kritik der digitalen Wissenschaftstheorie
– Kritik der digitalen Gesellschaft
Darüber hinaus sind Vorträge zu allgemeinen Themen aus dem Bereich der DH sowie die Diskussion von positiven und negativen, eigenen und fremden Projektergebnissen willkommen.