Die Bielefelder Privatdozentin Dr. Sandra Maß referiert über die multi-ethnischen Armeen des Ersten Weltkriegs. Wenn diese auch nicht im Mittelpunkt des jüngeren Gedenkens an den Weltkrieg stehen, wird an die Kriegsteilnehmer aus den jeweiligen Kolinialimperien zunehmend erinnert - etwa durch Denkmäler und (populärwissenschaftliche) Publikationen. Dieses Erinnern gründet auf der wissenschaftlichen Aufarbeitung, die insbesondere im Rahmen des colonial turn der Geschichtswissenschaften in den letzten zehn Jahren erheblich zugenommen hat. Im ersten Teil des Vortrags betrachtet Dr. Sandra Maß die deutsche Rekrutierung kolonialer Soldaten während des Ersten Weltkriegs in Deutsch-Ostafrika. Im zweiten Teil skizziert sie die deutsche Reaktion auf den Einsatz afrikanischstämmiger Soldaten im französischen Besatzungsheer im Rheinland nach der deutschen Kapitulation und dessen propagandistische Ausschlachtung unter dem Stichwort "afrikanische Schmach". Darauf aufbauend führt sie beide Entwicklungen zusammen und analysiert die Bedeutung dieser für die Ausprägungen des deutschen Nationalismus.
Ringvorlesung »1914/15 - Weltkrieg, Massentod, Völkermord - "Gewaltdynamiken" im Blick der Forschung«
Im Rahmen der Ringvorlesung werden ausgewiesene Experten systematisch Einzelaspekte der Gewaltgeschichte des Ersten Weltkrieges diskutieren. Dabei werden die einzelnen Vorträge insbesondere die neue Qualität von Gewaltpraktiken und Gewalterfahrungen im Ersten Weltkrieg in den Blick nehmen sowie die Veränderung von Räumen und Regionen thematisieren. Zudem sollen insbesondere jene „anderen Fronten“, die im Rahmen der aktuell sehr dichten Diskussionen über den Ersten Weltkrieg weniger Berücksichtigung finden, in das Zentrum gerückt werden: Der Krieg in den Kolonien, in der Mittelmeerregion und im Nahen Osten. Integriert werden zudem metatheoretische und forschungsgeschichtliche Betrachtungen zum Ersten Weltkrieg. Nicht zuletzt wird eine kritische Reflektion der Schwerpunkte der aktuellen wissenschaftlichen, öffentlichen und medialen Thematisierung des Kriegsausbruchs im Jahr 1914 sowie der neuen Diskussionen um „Kriegsschuld“ und „Verantwortung“ erfolgen.