Kurz vor dem Ende des Kalten Krieges veröffentlichte Zygmunt Bauman ein Buch, das die Deutung des Holocaust und anderer staatlichen Massenverbrechen in den folgenden Jahren stark prägte. Seine 1989 veröffentlichten Thesen zur „Dialektik der Ordnung. Die Moderne und der Holocaust“ zeichneten ein ambivalentes Bild der Moderne. Deren zentrales Element, so Bauman, war der „Kampf gegen die Ambivalenz“, den eine von allen ethischen Rückbindungen losgelöste instrumentelle Vernunft zur Herstellung ihrer Ordnung führe. Baumans Dystopie war der „moderne Gärtnerstaat“, der das menschliche Unkraut aus seinen gepflegten Beeten jäte. Die Überzeugungskraft dieser Ideen erreichte nach dem Ende des Kalten Krieges einen Höhepunkt, bevor die Rückkehr ethnischer Konflikte und Genozide in den 1990er Jahren neue Erklärungsmodelle herbrachte. Der Vortrag von Prof. Dr. Constantin Goschler, Inhaber des Lehrstuhls für Zeitgeschichte am Historischen Institut der Ruhr-Universität Bochum, verbindet eine Rekonstruktion der Überlegungen Zygmunt Baumans zu Moderne und Holocaust mit Überlegungen zu seiner Wirkungsgeschichte.
Ringvorlesung "Flüssige Moderne. Weiter-Denken mit Zygmunt Bauman" (Ruhr-Universität Bochum)
Im Januar 2017 ist der Soziologe Zygmunt Bauman im Alter von 91 Jahre verstorben. Die Schlüsselbegriffe, die aus seinem Werk bekannt sind, haben das Denken des 20. und 21. Jahrhundert sowie die Frage nach globaler Ethik entscheidend bestimmt: „Moderne und Ambivalenz“, „Dialektik der Ordnung“, „Flüssige Moderne“, „Die Angst vor den Anderen“.
Im Rahmen der Ringvorlesung des Instituts für Diaspora- Genozidforschung der Ruhr-Universität Bochum werden sozialphilosophische, kultursoziologische, politische und geschichtswissenschaftliche Aspekte des Werkes von Zygmunt Bauman aufgenommen, nicht zuletzt um in den Schnittflächen, die Bauman selbst zwischen Literatur, Soziologie und Geschichte vorgezeichnet hat, Fragen an unsere Gegenwart zu stellen. Erörtert werden Identitätsgestaltungen von Einzelnen und Gesellschaft in der „postnationalen“ oder „postglobalen“ Gegenwart, der Zusammenhang von Globalisierung und Gewalt, neue Ordnungen von Medien und Konsum, Fluchterfahrungen, aktuelle Formationen politischer Differenz oder „Postmoderne Ethik“.
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