Die Grabanlage von Pharao Ramses III. mit dem Kürzel „KV 11“ (steht für King’s Valley number 11) befindet sich im UNESCO-Weltkulturerbe „Tal der Könige“ auf dem Westufer der Stadt Luxor in Ägypten. Sie zählt zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten jenes Grabplatzes der Pharaonen des Neuen Reiches (ca. 1550-1071 v. Chr.).
Bereits im 18. Jahrhundert wurde die Anlage weltberühmt durch den Reisenden James Bruce (1730-1794), der erstmalig auf zwei herausragende Wandmalereien verwies, die zwei Harfner zeigen, woraufhin KV 11 als „Harper’s Tomb“ bekannt wurde. Seitdem faszinierte das Grab viele Besucherinnen und Besucher, die sich von der Schönheit der Darstellungen selbst überzeugen wollten. Schließlich trugen der dauernde Zerfall und eine Vielzahl von Überflutungen durch Wassereinbruch in den Jahren zwischen 1885/90 und 1914 zur großflächigen Zerstörung der Wandmalereien und des darunter befindlichen Kalksteins, vor allem im tiefliegenden hinteren Bereich, bei. Die Grabanlage ist daher ab Gang G für den Tourismus unzugänglich und wird vollständig durch das The Ramesses III (KV 11) Publication and Conservation Project bearbeitet (www.ramesses-iii-project.com).
Im Jahr 2023 erhielt das Team die Förderzusage der Gerda Henkel Stiftung im Programm Patrimonies, um die restlichen verbliebenen Wandmalereifragmente der Grabkammer (Halle J) für die Zukunft zu konservieren. Die einst sehr gut erhaltenen Wandmalereien sind größtenteils zerstört, können jedoch heutzutage als einzelne Fragmente in den stratigrafischen Schichten durch sorgfältige Ausgrabung geborgen werden oder haften höchst fragil an der ursprünglichen Stelle, wo sie sich in den Jahrzehnten nach der Überflutung teilweise bereits vom Untergrund abgelöst haben. Es ist zu unterscheiden zwischen Schäden am Kalkstein, der als Träger fungiert, und den Zerstörungen der darauf applizierten, historischen Farb- und Putzschichten der Wanddekoration. Bei Letzteren handelt es sich um eine grobe sowie eine feinere Variante, die bemalt und teilweise geschlämmt wurden. Risse und Ausbrüche im darunterliegenden Gestein sowie Ablösungen der Wandmalerei vom Träger müssen für einen langfristigen Erhalt der Architekturfassung und Wandmalereien gefestigt und konserviert werden. Dicke und verkrustete Staubschichten lagern sich mit zunehmender Zeit auf den Malereien ab. Das Ramesses III (KV 11) Publication and Conservation Project wird von Dr. Anke Weber und Ahmed Hussein geleitet und ist an der Humboldt-Universität zu Berlin (Prof. Dr. Frank Kammerzell und Prof. Dr. Silvia Kutscher) angesiedelt. Es besteht aus einem interdisziplinären und internationalen Team aus Wissenschaftler*innen und Expert*innen der Restaurierung, Geologie/Petrologie, Biologie, Ingenieurwissenschaften, IT, Archäologie und Ägyptologie. Gemeinsam arbeiten sie am Erhalt der Grabanlage, um diese in Zukunft wieder vollständig für Besucher*innen zugänglich zu machen.
Ziel ist es, die noch vorhandenen Fragmente der bedeutenden Wandmalereien in der Grabkammer von Ramses III. zu sichern und für die Nachwelt zu erhalten. Dabei besteht eine Kooperation mit den Universitäten von Luxor und Qena (Prof. Dr. Mansour el-Nouby), die in jeder Kampagne Studierende, die zu den Besten ihrer jeweiligen Jahrgänge gehören, als Unterstützung für das Projekt entsenden. Gemeinsam mit Student*innen der Restaurierungswissenschaften von deutschen Hochschulen und Universitäten werden sie nach modernen Standards aus- und fortgebildet. Das Projekt wird zur Wiedereröffnung der Grabanlage beitragen und bildet somit eine wichtige Grundlage für die touristische Infrastruktur des Tals der Könige.
Unter der Leitung von Karin Schinken erlernen die Studierenden zunächst die digitale Bestands- und Schadenserfassung unter anderem mit Zebra-Tablets und dem Programm MetigoMap 5.0 der Firma fokus GmbH Leipzig. Dabei wird nach Phänomenen unterteilt sowie Schäden und typische Charakteristika des Bestandes grafisch dokumentiert und in Kartierungen zusammengefasst. Als Planungsinstrument dienen Maßnahmenkartierungen, die es den Restaurator*innen in den kommenden Jahren ermöglichen einheitlich vorzugehen und auch bei wechselnden Mitarbeiter*innen den Überblick zu behalten. Dabei ist die dreidimensionale Kartierung anhand von Orthofotografien, die in 3D-Modelle umgewandelt werden, von besonderem Wert. Die Studierenden lernen somit bestimmte Schäden nicht nur oberflächennah zu erkennen, sondern auch ihre räumliche Auswirkung insbesondere im Zusammenhang mit den geologischen Schichten zu interpretieren und zu verstehen und diese optimal für Konservierungsmaßnahmen vorzubereiten.
Dank der Unterstützung durch die Gerda Henkel Stiftung können ägyptische und deutsche Studierende Hand-in-Hand gemeinsam am Kulturgut lernen und haben die Möglichkeit im direkten Austausch länderübergreifend Herangehensweisen, Methoden und Techniken der Konservierung zu erlernen. Sie arbeiten dazu in Teams und helfen, den Bestand von KV 11 nachhaltig zu schützen. Zusätzlich lernen sie Anwendungen der Photogrammetrie, Multispektralfotografie und digitalen Dokumentation nach aktuellen Standards. Durch die Arbeit mit dem ICOM-Glossar haben alle dieselben Voraussetzungen und können auf einheitlicher Ebene sowie durch die Unterstützung einer Übersetzerin bestmöglich miteinander kommunizieren. Es entstehen somit Brücken des kulturellen Austauschs auf Basis wissenschaftlicher Unternehmungen, die das gemeinsame Ziel verfolgen, die Grabanlage KV 11 für die Zukunft zu bewahren.
Es ist Teil des Site-Management-Konzeptes des Projektes, das Ausmaß der Zerstörung zu vermitteln, indem lediglich durch Reinigungs- und Konservierungsmaßnahmen sowie notwendige Teilrestaurierungen Einfluss auf den originalen Bestand genommen wird. Somit werden moderne Zerstörungen verhindert und noch erhaltene Fassungsreste von vertieft eingearbeiteten Hieroglyphen und Zeichen sowie das Nivelliernetz, das zur Vorbereitung der Wände von den antiken Arbeitern angelegt wurde, bewahrt.
In einer ersten Feldkampagne konnten wichtige Untersuchungen (bspw. in Form von Querschliffen) an den Wandmalereifragmenten erfolgen, um so ein Bild vom Aufbau der Malerei zu erhalten. Des Weiteren wurden alle Schäden in der Grabkammer kartiert und die Ergebnisse bereits teilweise kollationiert. Im nächsten Schritt werden Wandmalereifragmente schonend trockengereinigt und bei Bedarf punktuell gefestigt, sodass sie in Zukunft wieder in ihrer ursprünglichen Form erstrahlen können.
Weitere Literatur zu unseren konservatorischen Arbeiten finden Sie hier:
Anke Weber und Karin Schinken – Of Stones and Bones. Die archäologischen und konservierenden Arbeiten des „The Ramesses III (KV 11) Publication and Conservation Project“ im UNESCO-Weltkulturerbe Tal der Könige, in: Gabriele Patitz und Karin Schinken (Hrsg.), Natursteinsanierung 2024. Neue Natursteinrestaurierungsergebnisse, messtechnische Erfassungen und Sanierungsbeispiele, Begleitband zur Tagung am 8./9. März 2024 in Karlsruhe/Bern, Stuttgart 2024, 35-43.
Anke Weber, Martina Grünhagen, Willem Hovestreydt, Saskia Nehls, Lutz Popko, Sandro Schwarz, Simon Thuault, Thomas Warscheid – Fifth Report on the Publication and Conservation of the Tomb of Ramesses III in the Valley of the Kings (KV 11), JARCE 59 (2023), 265-332.
Anke Weber, Judith Bunbury, Klara Dietze, Willem Hovestreydt, Dora Petrova, Lutz Popko, Gareth D. Rees, Lea Rees, Karin Schinken – Second Report on the Publication and Conservation of the Tomb of Ramesses III in the Valley of the Kings (KV 11), JARCE 56 (2020), 215-48.
Judith Bunbury und Karin Schinken – “Preliminary Report on the Geology, Stonemasonry and Plaster Remains in the Tomb of Ramesses III (KV 11)”, in A. Weber, M. Grünhagen, L. Rees, und J. Moje (Hrsg.), Akhet Neheh. Studies in Honour of Willem Hovestreydt on Occasion of His 75th Birthday, GHP Egyptology 33, London 2020, 37-42.