Liebe L.I.S.A.Community,
gestern waren wir in der Zeche Zollverein in Essen, wo noch bis morgen die 23. Tagung der Konferenz der Geschichtsdidaktik (KGD) stattfindet. Leitthema der KGD ist dieses Mal sprachliche Bildung und Mehrsprachigkeit, genauer: Sprache(n) des Geschichtsunterrichts - Sprachliche Vielfalt und Historisches Lernen. Wir waren eingeladen, eine von der Körber-Stiftung organisierte Podiumsdiskussion mit dem Titel Wessen Geschichte? Identität und Geschichtslernen in der Einwanderungsgesellschaft zu moderieren.
Auf dem Podium diskutierten der Berliner Schriftsteller Zafer Şenocak, der Geschichtsdidaktiker Prof. Dr. Michele Barricelli von der Ludwig-Maximilians-Universität München, die Lehrerin Julia Haggenmiller von der Max-Ernst-Gesamtschule in Köln und Dr. Carola Rupprecht vom Deutschen Hygiene-Museum in Dresden. Lektüregrundlage der Diskussion waren zwei Bücher von Zafer Şenocak, in denen der Autor im Wesentlichen den Umgang mit dem Fremden in Deutschland kritisch reflektiert. Warum werden beispielsweise in Deutschland geborene Kinder von Migranten weiterhin als Menschen mit Migrationshintergrund bezeichnet, obwohl sie nie eingewandert sind? Welche Rolle spielt bei der Integration von Zugewanderten Sprache? Bedeutet Integration immer auch den Verlust von ursprünglicher Sprache und Identität? Was müssen Einwanderer für eine gelungene Integration mitbringen, was die Einheimischen anbieten? Und schließlich: Was können und müssen Bildungsinstitutionen wie Schulen, aber auch beispielsweise Museen, leisten, um Integration zu fördern? Welche Bedeutung kommt dabei vor allem der Geschichtsvermittlung zu? Über diese und daran anschließende Fragen wurde lebhaft diskutiert - mit interessanten und strittigen Standpunkten. Wer nicht dabei sein konnte, kann sich in Kürze den Videomitschnitt der Diskussion hier in unserem Wissenschaftsportal anschauen.
Was gibt es sonst Neues? Zwei Vorträge unterschiedlicher Provenienz, aber mit thematischem Anschluss an die gestrige Podiumsdiskussion: Am Historischen Kolleg in München stellte der Historiker Dr. Heinrich Hartmann von der Universität Basel ein türkisch-deutsches Modernisierungsprojekt nach dem Zweiten Weltkrieg vor, und in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften hielt die Literaturwissenschaftlerin Prof. Dr. Vera M. Kutzinski von der Vanderbilt University in Nashville einen Vortrag über Alexander von Humboldts Sicht auf Mehrsprachigkeit. Darüber hinaus steigen wir mit zwei neuen Episoden weiter in die unsichtbare Geschichte Berlins hinab, bieten ein interessantes Zwiegespräch aus dem vergangenen Salon Sophie Charlotte über den Menschen als das Maß aller Dinge und blicken zurück auf die Rheinlandbesetzung sowie auf das Bauhaus in Krefeld.
Und wer Lust auf noch mehr Geisteswissenschaften hat, werfe bitte einen Blick auf unser Interview über die aktuellen Berufsaussichten für Historikerinnen, Archäologen, Germanistinnen, Kunsthistoriker, Afrikanistinnen, Linguisten, Slawistinnen, Philosophen, Orientalistinnen, Gräzisten, Komparatistinnen, Romanisten, Byzantinistinnen, Pädagogen, Theaterwissenschaftlerinnen...
Herzliche Grüße aus einem Schnellzug im Ruhrgebiet
Ihre L.I.S.A.Redaktion