Der 9. November bildet bekanntlich einen der wichtigsten Säulen der deutschen Erinnerungskultur. Manchen gilt er gar als Schicksalstag der Deutschen, fällt doch eine ganze Reihe an prägenden Ereignissen der jüngeren deutschen Geschichte auf diesen Tag. So auch der Hitlerputsch 1923, bei dem es Adolf Hitler im Verbund mit weiteren reaktionären Kräften misslang, die Macht im Reich zu erringen. Teil dieser Allianz waren auch zahlreiche ehemalige Angehörige der 1920 aufgelösten Freikorps. Mit deren Geschichte, ihrer sozialen Zusammensetzung und ihrem Fortleben in der Weimarer Gesellschaft und in den NS-Vorfeldorganisationen hat sich der Historiker Dr. Jan-Philipp Pomplun in einem von der Gerda Henkel Stiftung geförderten Dissertationsprojekt beschäftigt. Aus Anlass des 100. Jahrestages des gescheiterten Putsches haben wir ihn zu den paramilitärischen Kontinuitäten zwischen Erstem Weltkrieg und Nationalsozialismus befragt.
Der Hitlerputsch war auch Thema eines Vortrags des Journalisten und Autors Sven-Felix Kellerhoff in der Bibliothek für Zeitgeschichte in Stuttgart. Anhand bislang ignorierter Quellen schlüsselt er in seinem Vortrag die Hintergründe von Hitlers erstem Griff nach der Macht auf. Die Geschichte der zehn Jahre später erfolgenden – dann erfolgreichen – Machtergreifung ist bekannt. Auch wo sie endete. In einer neuen Ausgabe von Was wäre gewesen? haben wir den Historiker und Hitler-Biographen Prof. Dr. Brendan Simms von der Universität Cambridge gefragt, was eigentlich gewesen wäre, wenn Hitler den Vereinigten Staaten von Amerika 1941 nicht den Krieg erklärt hätte. Wäre der Zweite Weltkrieg anders verlaufen?
Über den Sinn und Unsinn von derlei kontrafaktischen Szenarien haben wir im September auf einer Sonderveranstaltung des 54. Deutschen Historikertages in Leipzig diskutiert. Die Aufzeichnung der Diskussion ist jetzt auf L.I.S.A. abrufbar. Weitere ausgewählte Sektionen und Veranstaltungen des Historikertags wurden ebenfalls aufgezeichnet und werden nun nach und nach im Portal veröffentlicht.
Dass der moderne Antisemitismus in Europa eine lange Vorgeschichte hat, zeigt die Ringvorlesung zur Vertreibung der Kölner jüdischen Gemeinde. Vor 600 Jahren fasste der Rat der Stadt Köln den Beschluss, die Juden und Jüdinnen zu vertreiben. Ausgehend von den Kölner Ereignissen widmet sich die Ringvorlesung weiteren Judenvertreibungen in Europa, die ab dem 14. Jahrhundert wellenartig einsetzten.
Themenwechsel und ein weiter Sprung in die Vergangenheit: Griechische Mythen in der Kunst der Etrusker stehen im Zentrum des Forschungsvorhabens der Hamburger Archäologin Dr. Nadine Leisner. Anhand von Urnen, Spiegeln und Architekturdekorationen untersucht sie, wie die frühen Bewohner der Toskana griechische Mythen wie die des Herakles oder die Troja-Sage in ihre Kunst und Kultur integrierten. Das Projekt wurde dokumentarisch begleitet. Die ersten beiden Folgen finden sich in der Übersicht. Die Videoreihe Erdbeben und magisches Licht über die Restaurierung der Buntglasfenster der Nuestra Señora de los Ángeles Kirche in Mexiko liegen zudem mittlerweile auch auf Spanisch vor.
Apropos Spanisch: In einem hörenswerten Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung Religion – Revolution – Reaktion. 1848 in Perspektive widmet sich Prof. Dr. Birgit Aschmann von der Humboldt-Universität dem Vordenker der spanischen Gegenrevolution, Juan Donoso Cortés, auf den sich später auch die italienischen Faschisten um Benito Mussolini beriefen. An der HU läuft derzeit auch die Veranstaltungsreihe Montagsdebatte, deren Aufzeichnungen wir als Medienpartner der Reihe auf L.I.S.A. veröffentlichen. Los geht es am kommenden Montag mit einer Diskussion über das schwierige Verhältnis von Politik und Zeitgeschichte.
Zum Abschluss noch ein kurzer Hinweis: Das Historische Datenzentrum Sachsen-Anhalt hat in unserem Portal einen neuen True-Crime-Podcast gestartet. In Form von Live-Mitschnitten oder auch als Ergebnis studentischer Arbeiten stellen die Autorinnen und Autoren des Podcasts Biografien und historische Kriminalfälle aus Sachsen-Anhalt vor - von der Frühen Neuzeit bis zur DDR.
Mit herzlichen Grüßen aus Düsseldorf
Ihre L.I.S.A.Redaktion