Vom 13.03. bis zum 17.03.2023 fand die 9. Jahrestagung des Verbands Digital Humanities im deutschsprachigen Raum (DHd) zum Thema „Open Humanities – Open Culture“ statt, an der ich als Reisestipendiatin der Gerda Henkel Stiftung teilnahm.
Als Editorial Assistant beim neu gegründeten Journal of Computational Literary Studies
Ein Erfahrungsbericht
Als erste vor Ort bzw. hybrid stattfindende Jahrestagung nach langen virtuellen Konferenzjahren bot das Organisationsteam der Universitäten Luxemburg und Trier den Teilnehmer:innen ein grandioses Tagungserlebnis mit wissenschaftlichem Programm und Events, die die auf Austausch hungrigen Forscher:innen sättigten und Lust auf die kommenden postpandemischen Monate machten.
Neben meiner Konferenzteilnahme als Doktorandin der TU Darmstadt repräsentierte ich dieses Jahr in meiner Rolle als Editorial Assistant auch das neue Journal of Computational Literary Studies, das die Betreuerin meiner Dissertation, Prof. Evelyn Gius, zusammen mit Prof. Christof Schöch und Prof. Peer Trilcke 2021 gegründet hat.
Beitragsmäßig waren wir mit einem Poster vertreten, das die weiteren drei Editorial Assistants Dominik Gerstorfer, Élodie Ripoll, Henny Sluyter-Gäthje und ich in der Poster Session und beim Posterslam präsentierten.
Unter dem Motto „Opening a Journal. Erfahrungen bei der Gründung des Journal of Computational Literary Studies“ ließen wir uns die Gelegenheit nicht nehmen, beim Poster Slam auf die Eröffnung unseres neuen Journals anzustoßen und während der Poster Gallery die Aufmerksamkeit der Community auf die Besonderheiten und Vorzüge des Journals hinzuweisen.
Open Access – Diamant Open Access
Passend zum Tagungsmotto „Open Humanities – Open Culture“ ist das neue verlagsunabhängige Journal nämlich ein Diamond-Open-Access-Journal, wozu „Journale [zählen], die in Deutschland gehosted werden, über eine ISSN verfügen und weder Subskriptions- noch Publikationsgebühren erheben“ (open-access.network 2022).
Call for Papers
Der erste Call for Papers des JCLS wurde im Herbst 2021 veröffentlicht:
„JCLS is an international, open access, peer-reviewed online journal dedicated to all aspects of computational approaches to Literary Studies. JCLS responds to the differentiation of subfields within the Digital Humanities, an ongoing process in which Computational Literary Studies has already gained considerable maturity and visibility. The journal provides a publishing platform for works on the development, application, and critique of computational approaches to Literary Studies.“
(JCLS, Call for Papers 2023)
Einreichende können wählen zwischen einem „journal-only“-Track, für den jederzeit Einreichungen entgegengenommen werden, und dem „conference + journal“-Track, an den die jährliche Conference of Computational Literary Studies (CCLS) angebunden ist. Letzterer Track bedarf – aufgrund des begrenzten zeitlichen Rahmens und der daraus resultierend geringeren Flexibilität – einer Einreichungsfrist, die jeweils im Winter vor der Konferenz terminiert ist.
Als Einreichende bei Konferenzen sind mir persönlich die festen und weit im Voraus liegenden Fristen immer ein Graus gewesen. Nun – aus dem Blick einer Editorial Assistant – kann ich nachvollziehen, was für ein unglaublich umfangreicher Aufwand hinter dem Einreichungs- und Entscheidungsprozess für die Annahme oder Absage eines Konferenz- bzw. Journalbeitrags steckt und auch was nach der Zusage Weiteres folgt, bis es endlich zur Veröffentlichung eines Beitrags kommen kann.
Nach einem mehrmonatigen Blind-Review-Prozess, in dem mindestens zwei Reviewer:innen einen Beitrag begutachteten, wurden im April 2022 zwölf von insgesamt 18 Artikeleinreichungen für die erste Issue des JCLS und damit auch für die erste Conference of Computational Literary Studies angenommen[1].
First Conference of Computational Literary Studies
Im Juni 2022 fand sie schließlich statt: die erste Conference of Computational Literary Studies in Darmstadt ( – in der Digital Humanities Community übrigens bekannt als „die schönste Stadt der Welt“). Mit dem fortext[2] als gastgebende Institution organisierten Prof. Evelyn Gius und ich die hybride Veranstaltung und trugen damit zur Etablierung eines neuen Ortes des Austauschs für die junge Forschungscommunity der Computational Literary Studies bei[3].
136 Forschende von 62 nationalen und internationalen Institutionen nahmen online und on site an der Konferenz teil, die direkt als großer Erfolg verzeichnet werden konnte. Die Autor:innen präsentierten online oder vor Ort die insgesamt zwölf neuen Journalartikel, die mit dem Ziel einer vorbereitenden Lektüre den Teilnehmenden zuvor als Conference Reader zur Verfügung gestellt worden waren.
Closed or Open Peer Review? – Both!
Die Konferenz gilt nämlich als ein weiterer Schritt des Peer Review-Prozesses, wobei Open Peer Review durch die offene Diskussion der Beiträge – in den 20-minütigen Diskussionsslots nach den 10-minütigen Präsentationen sowie durch den Peer-Austausch auf der Konferenz generell – eine ganz neue Gestalt annimmt. Nach der Konferenz arbeiten die Autor:innen die Ideen und Anregungen aus den CCLS-Rückmeldungen in ihre Beiträge ein und senden diese neu überarbeitete Version – den dadurch Blind Peer und Open Peer reviewten Artikel – zurück ans Journal, wo er Einzug in den Copy Editing Prozess nimmt.
Copy Editing
Mit dem Copy Editing-Prozess beginnt für die Editorial Assistants der aufwändigste Teil des Publikationsprozesses. Wir lesen die Beiträge Korrektur, wobei es nicht nur traditionell um Rechtschreibung, Grammatik und Tippfehler geht, sondern auch um die Umsetzung der LaTeX-Vorlage. Wir kontrollieren also Punkte wie: Wird der einheitlich vorgegebene in-line-Zitationsstil eingehalten? Funktionieren die Verlinkungen? Sind die Eintragungen in der .bib-Datei vollständig? Werden die Tabellen in allen Artikeln gleich abgebildet? Stimmt die Qualität der Abbildungen? Werden in allen TeX-Dokumenten einheitlich die Anführungszeichen verwendet, für die sich das Journal entschieden hat? Einigen wir uns auf englische Großschreibung in Überschriften und wie sieht es mit Unterschriften bei Tabellen und Abbildungen aus?
Gerade bei der Publikation der ersten Ausgabe des JCLS gab es noch viel hin und her, neue Entscheidungen, den Verwurf alter Entscheidungen, erneute Überarbeitung, weil sich das Corporate Design des Journals erst noch in der Entwicklung befand.
Mit der Diversität der Journalbeiträge – einer der besonderen Stärken des Journals – kamen mit jedem neuen Artikel auch neue Herausforderungen hinzu: mathematische Formeln, Mehrsprachigkeit, Sprachen, die vom lateinischen Alphabet abweichen, sehr große Tabellen, hochdetaillierte Abbildungen in Farbe, um nur einige aufzuzählen.
Über drei Monate hinweg entwickelten wir also einen Workflow von Kontrollschritten, die bei der Überprüfung jedes eingereichten LaTeX-Dokumentes durchgeführt werden müssen, bevor das publikationsbereite Dokument an das Typesetting Team zur Überführung der Dokumente in HTML für die Webseite und in XML für die Langzeitarchivierung weitergeleitet werden kann.
Publikation der ersten Issue
Mit seiner ersten Rolling Issue im Herbst/Winter 2022 nahm JCLS den Publikationsbetrieb auf. Veröffentlicht wurden die zwölf full papers jeweils lesbar als downloadbare PDF, HTML-Webseiten- und XML-Version.
Doch nach der Publikation der ersten Issue ist bekanntermaßen vor der Einreichungsfrist der zweiten Issue. Aktuell befindet sich die zweite Runde des „conference + journal“-Tracks in den Endzügen des Begutachtungs- und Entscheidungsprozesses.
Die neuen JCLS-Artikel werden bei der CCLS 2023 vorgestellt, die dieses Jahr am 22. und 23. Juni an der Universität Würzburg ausgerichtet werden wird. Die Teilnahme an der Konferenz wird wieder vor Ort wie auch online möglich sein (https://jcls.io/conference). Als Teil des Editorial Teams freue ich mich schon sehr auf ein erneutes Zusammentreffen der wachsenden Forschungscommunity der Computational Literary Studies und auf ein weiteres ereignisreiches Journaljahr.
Informationen zum JCLS
ISSN: 2940-1348
Published by Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt
Editors: Evelyn Gius, Christof Schöch, Peer Trilcke
Editorial Assistants: Dominik Gerstorfer, Svenja Guhr, Élodie Ripoll, Henny Sluyter-Gäthje
Dank
Mein Dank gilt der Gerda-Henkel-Stiftung, die mir durch ihr Reisekostenstipendium die Teilnahme an der DHd2023 zum Thema „Open Humanities – Open Culture“ in Luxemburg und Trier ermöglichte.
Referenzen
Gius, E., Schöch, C., Trilcke, P., Gerstorfer, D., Guhr, S., Ripoll, E., Sluyter-Gäthje, H. (2023). Opening a Journal. Erfahrungen bei der Gründung des Journal of Computational Literary Studies. Poster. DHd 2023 Open Humanities Open Culture. 9. Tagung des Verbands "Digital Humanities im deutschsprachigen Raum" (DHd 2023), Trier, Luxemburg. Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.7711472.
Gius, E., Schöch, C., Trilcke, P., Gerstorfer, D., Guhr, S., Ripoll, E., Sluyter-Gäthje, H. (2023). Opening a Journal. Erfahrungen bei der Gründung des Journal of Computational Literary Studies. Abstract. DHd 2023 Open Humanities Open Culture. 9. Tagung des Verbands "Digital Humanities im deutschsprachigen Raum" (DHd 2023), Trier, Luxemburg. https://doi.org/10.5281/zenodo.7715495.
Schöch, C., Trilcke, P., Gius, E. (2023). Editorial. Journal of Computational Literary Studies 1(1). https://doi.org/10.48694/jcls.3627.
Open-Access.Network (2022). Diamond Open Access in Deutschland: Neue Zeitschriftenliste verfügbar, open-access.network. https://open-access.network/services/news/artikel/diamond-open-access-in-deutschland-neue-zeitschriftenliste-verfuegbar (accessed: 21 April 2023).
JCLS-Workflow vom Call for Papers bis zur Publikation (Gius et al. 2023)jcls.io