In seiner mehrbändigen "Geschichte der Stadt Rom" (1867) befasst sich Ferdinand Gregorovius ausgiebig mit dem römischen Politiker Cola di Rienzo aus dem 14. Jahrhundert. Dessen Rebellion von 1347, in deren Verlauf er die Römische Republik ausrief und zum Volktribun aufstieg, ist bis heute umstritten. Den einen gilt er als Humanist und Aushängeschild der Renaissance, für die anderen war er ein größenwahnsinniger Tyrann. Der Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Markus Bernauer geht in seinem Vortrag der Frage nach, wie Gregorovius Cola di Rienzo porträtiert und welche Lesart er dabei anbietet.
Die Tagung
Von der Korrespondenz von Gregorovius haben sich mehr als 3200 Briefe erhalten, denen neben seinem historiographischen und schriftstellerischen Œuvre eine außerordentliche wissenschaftsund kulturgeschichtliche Bedeutung zukommt. Das seit November 2017 von der DFG und der Gerda Henkel Stiftung finanzierte Projekt "Ferdinand Gregorovius. Poesie und Wissenschaft. Gesammelte deutsche und italienische Briefe" des DHI in Rom legt in Kooperation mit der TELOTA der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften erstmals eine umfassend kommentierte Auswahl seiner Briefe in digitaler Edition in den jeweiligen Originalsprachen vor. Im Oktober 2020 wurde die Finanzierung verlängert, so dass die ursprünglich ins Auge gefasste Edition von 700 Briefen nunmehr auf etwa 1000 Briefe erweitert werden kann. Auf der Tagung werden Grundfragen aktueller Forschung diskutiert, die sich bei Gregorovius etwa im Kontext der Wissenschafts- und Historiographiegeschichte, der Buch- und Journalismusgeschichte, der Geschichte der deutsch-italienischen Beziehungen und angesichts des Potenzials der digitalen Edition stellen. Seine größtenteils unbekannten Briefe erlauben einen vollkommen neuen Blick auf den Grandseigneur der Mediävistik und Erfolgsautor. Seine Korrespondenz erzählt von seinem Leben im Rom, von der Entstehung seiner "Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter" und seiner anderen Werke und zeigen Gregorovius im Zentrum eines internationalen Gelehrtennetzwerks, dessen Expertise in Fachkreisen und von Verlagen geschätzt wird. In den Briefen lässt sich sein Selbstverständnis als Gelehrter, Philologe, Schriftsteller sowie als Geschichtsschreiber über vierzig Jahre hinweg verfolgen, aber auch das Verhältnis von Zunft- und Privatgelehrtentum und die Interferenzen von wissenschaftlicher Forschung und Zeitzeugenschaft. Im letzten Drittel seines Lebens war Gregorovius ein hoch geschätztes Mitglied zahlreicher nationaler und internationaler Akademien und erhielt eine erstaunliche Zahl an Briefen von Bewunderern.