[sic!] ist die internationale Sommerschule der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln. Sascha Förster, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medienkultur und Theater und Koordinator von [sic!], berichtet über die Sommerschule 2015. Diese wurde finanziell durch die a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne unterstützt und bot a.r.t.e.s.-Doktorandinnen und -Doktoranden die Möglichkeit, an den Kursen teilzunehmen und internationale Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen.
[sic!] Summer Institute Cologne 2015: „Intermingling“
Sascha Förster über die internationale Sommerschule
Die internationale Sommerschule [sic!] Summer Institute Cologne der Theaterwissenschaftlichen Sammlung wurde 2013 von Peter W. Marx, Professor für Theater- und Medienwissenschaft an der Universität zu Köln und a.r.t.e.s.-Klassenmentor, und Tracy C. Davis, Northwestern University, Evanston, USA, gegründet. Seither kommen jeden Sommer internationale Master-Studierende und Promovierende aus Köln und Evanston, aber auch aus Peru, Kanada, Frankreich, Polen, Ungarn, Australien, der Schweiz, Iran, Großbritannien oder Indien nach Schloss Wahn, dem Sitz der Theaterwissenschaftlichen Sammlung, um hier in zwei intensiven Wochen über Texte, Fragen und ihre eigenen Projekte nachzudenken. Jedes Jahr gibt es ein Hauptthema, das die unterschiedlichen Forschungsprojekte bündelt. Im ersten Jahr, 2013, haben die damals noch 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über „Techniken der Imagination“ nachgedacht, 2014 haben sich die Studierenden über das „Unsichtbare“ ausgetauscht und 2015 schließlich kamen 50 Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, die über „Intermingling“ geforscht und gestritten haben. Am 22. August 2016 geht [sic!] in die vierte Runde und sucht nach vielfältigen Perspektiven auf das Thema „In Situ“.
Im Zentrum von [sic!] stehen die Seminare, die jeweils von zwei Lehrenden in neun dreistündigen Sitzungen unterrichtet werden. Da das Summer Institute seit Herbst 2014 ein offizieller Eckpfeiler eines Memorandum of Understanding zwischen der Universität zu Köln und der Northwestern University ist, wird jedes Seminar von einem Lehrenden aus Köln und einem Lehrenden aus Evanston unterrichtet. Das Co-Teaching bildet den Kern von [sic!], denn somit wird der intellektuelle Austausch und die Vielfalt von Blickwinkeln programmatisch verankert. Es geht in den Seminaren nicht darum, eine Meinung zu vertreten, sondern sich widersprechen und Lücken offenlegen zu können. Der Name [sic!] ist deshalb nicht nur ein Wortspiel. Er betont auch den besonderen Charakter dieser Sommerschule: Es geht um das „Wirklich-So-Sein“ der zu untersuchenden Phänomene. Und dieses „Wirklich-So-Sein“ ist eben nie eindeutig, sondern lässt verschiedene Betrachtungen zu. Das Summer Institute bietet den Ort und die Zeit, solch unterschiedliche Betrachtungen durchzudenken und eigene Standpunkte kritisch zu befragen oder sich gar auf neue einzulassen. Diese kritische Befragung geschieht ebenso auf Ebene der Lehrplanung, denn die Lehrenden von [sic!] reanimieren nicht Konzepte aus ihrem Seminaralltag. Vielmehr suchen sie nach neuen Wegen, um die Master-Studierenden und Promovierenden auf eine Weise unterrichten, die neue Horizonte im Hinblick auf die eigenen Forschungsprojekte der Master-Arbeiten oder Dissertationen aufzeigt.
Im Gesamtprogramm werden die Seminare von weiteren Formaten umrahmt. Am Beginn eines Sommerschultages präsentieren die Lehrenden ihre Perspektiven auf das Jahresthema. So konnten alle Teilnehmenden von [sic!] 2015 beispielsweise ihr Wissen über Geisterscheinungen in Shakespeares „Hamlet“, die Atemtechniken von Tauchern und über Handel mit Singvögeln im 19. Jahrhundert erweitern. Während die Teilnehmenden in den Seminaren in kleineren Gruppen organsiert sind, kommt die gesamte Sommerschulgemeinschaft in solchen Formaten zusammen. Wo die Seminare also die Tiefe des disziplinären Austauschs suchen, lassen die anderen Formate die Breite eines interdisziplinären Dialogs produktiv werden. Die studentischen Teilnehmenden stellen ihre eigenen Forschungen in Posterpräsentationen vor. Obwohl die Posterpräsentation ein ungewöhnliches Format in den Geisteswissenschaften darstellt, heben die Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler immer wieder hervor, wie gewinnbringendes diese Herausforderung für sie ist. Zum einen regt die Arbeit an einem Poster auf andere Weise zum Austausch über das eigene Projekt an, denn bereits in der Vorbereitung lädt dieses klar strukturierte Format dazu ein, nicht einfach Fachjargon zu nutzen und Floskeln zu wiederholen. Zum anderen muss jede/r Teilnehmende die eigene Forschung in Bilder und knappe Texte sowie Thesen herunterbrechen, um sie für die Kommilitoninnen und Kommilitonen anderer Disziplinen verständlich zu machen.
Auch der soziale Austausch kommt bei [sic!] nicht zu kurz, wenn zum Beispiel jede Seminargruppe eine eintägige Exkursion unternimmt. Im vergangenen Jahr sind das Theater- und Frühe-Neuzeit-Seminar gemeinsam nach Essen gefahren, wo sie zuerst die Zeche Zollverein kennengelernt und schweres Werkzeug gehoben haben, um danach im Domschatz liturgische Objekte aus dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit bewundert zu haben. Das Classics-Seminar hingegen hat die lange Busreise nach Kalkriese im Osnabrücker Land auf sich genommen, um das Museum zur Varusschlacht zu besuchen. Dort stand ihnen die Museumsdirektorin Heidrun Derks Rede und Antwort, wodurch sich eine Fundierung der abstrakt besprochenen Seminarinhalte ergeben hat. Zusätzlich gab es 2015 bei einem Kegelabend, im Brauhaus oder beim abschließenden Barbecue – das aus guter Tradition von Northwestern ausgerichtet wurde – genügend Gelegenheit, Kontakte auszutauschen und das eigene Netzwerk internationaler aufzustellen. So ist es auch kein Wunder, dass es viele [sic!]-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer immer wieder zurück nach Köln zieht.
Im Jahr 2016 wird sich [sic!] dem Thema „In Situ“ stellen und Lokalisierungen befragen. Dies geschieht über die Untersuchung von Lokalbezügen von Phänomenen ebenso wie über das kritische Hinterfragen ‚natürlichen‘ oder ‚verwurzelten‘ Wissens. Anfänge und Ursprünge sollen betrachtet und beschrieben werden. Nachdem die ersten drei Ausgaben einen Schwerpunkt in der Historiografie von Kunst und Medien hatten, verlagert sich in diesem Jahr der Schwerpunkt hin zu transdisziplinären theoretischen Fragestellungen. Neben den in vorherigen Jahren bereits vertretenen Seminaren in Theaterhistoriografie und Sound Studies wird das Angebot dieser Ausgabe um ein Seminar in Race und Urbanism Studies sowie um ein Seminar in Queer und Gender Studies erweitert. Das gesamte Programm kann auf der Homepage sic.uni-koeln.de nachgelesen werden.