Bis zum Sommer 2022 gehen wir auf Spurensuche an den Grabtextilien aus dem Sarg des Trierer Bischofs Paulinus, der im Jahr 358 unter kaiserlicher Verbannung in der Region Zentralanatoliens verstarb und kurze Zeit später von seinen christlichen Anhängern in seine heutige Grabstätte, die Krypta von St. Paulin in Trier, überführt wurde.
Bisher haben wir vor allem über den materiellen Aspekt der Seiden berichtet, also über ihr Feuchtigkeitsverhalten, ihre Webbindungen und ihre Verpackung. Heute geht es um ihre Rolle als Reliquien und was diese weder greifbare noch sichtbare Ebene für uns bedeutet. Genau genommen wurden die Seiden im Kontakt mit den Gebeinen des Heiligen Paulinus zu Berührungsreliquien.
Wir wollen wissen, wie und ob wir in unserer Arbeit diesem Reliquienstatus gerecht werden können. Welche Voraussetzungen müssen wir RestauratorInnen erfüllen, um Reliquien zu bearbeiten? Haben sich diese Voraussetzungen im Laufe der Zeit verändert? Dafür haben wir Markus Groß-Morgen, Leiter des Museums am Dom in Trier, um ein Gespräch gebeten. Als Theologe und Kunsthistoriker betreut und erforscht er nicht nur die museale Sammlung, sondern auch den Domschatz der Hohen Domkirche Trier, der mehrere bedeutende Reliquien enthält. Wir sind ihm sehr dankbar, dass er sich für dieses Gespräch Zeit genommen hat.