Die Schrift, die Gelehrsamkeit, der Buddhismus, Konfuzianismus, bestimmte Formen der Lyrik und der Prosa sind allesamt aus China (mit koreanischer Vermittlung) nach Japan gelangt. Die sprachliche Übertragung / Übersetzung hat in Japan daher eine lange Tradition, denn obgleich die schriftlichen Dokumente der Verwaltung, der Religion und der Gelehrsamkeit in chinesischer Schrift abgefasst waren, wurden sie als japanische Texte wahrgenommen: Den chinesischen Texten wurde eine japanische Lesung zugeordnet (kanbun kundoku), was dem interlinearen Übersetzen vergleichbar ist und heutzutage als eine Form der Übersetzung behandelt wird.
Darüber hinaus gibt es aber eindeutigere Formen der Übersetzung, allen voran die von vornehmlich lateinischen christlichen Texten im 16. und 17. und von lateinischen, holländischen und deutschen medizinisch-wissenschaftlichen im 18. Jahrhundert. Eine noch größere Bedeutung spielte in der frühen Neuzeit allerdings die Adaption (hon’an) insbesondere literarischer Texte aus dem Chinesischen, die nicht nach genauer Entsprechung der Ausgangs- und der Zieltexte strebte, sondern Inhalte von der chinesischen Kultur in die japanische verpflanzte, oftmals mit einem Wechsel des Schauplatzes, der handelnden Personen und der Zeit. Die interlineare und damit textgetreue Übersetzung (bes. kanbun kundoku, aber auch ranbun kundoku, eibun kundoku, d. h. interlineare Übersetzung holländischer, englischer Texte) kam in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf. Übersetzungen aus westlichen Sprachen (Russisch, Englisch, Deutsch, Französisch), die ab den 1870er Jahren mit einem Schlag eine hohe Zahl erreichten, sind zwar nahe an unseren modernen Übersetzungsidealen, hatten aber mit einem großen Problem zu kämpfen: In welche Sprache sollen sie übersetzen? Ins Sino-japanische oder ins Japanische, wenn ins Japanische, dann stellt sich die Frage, ob klassisch oder modern, in welchen Sprachstil? Darüber hinaus ist die Vermittlung in Japan unbekannter Inhalte, insbesondere Realien, sozialer, religiöser, politischer Werte, Einstellungen, die teilweise auch nur implizit in den Ausgangstexten angelegt sind, eine große Herausforderung.