"Wismut" war der Tarnname für Uranerz-Abbau in der sowjetischen Besatzungszone nach dem Zweiten Weltkrieg. Streng überwacht wurde in den Regionen Sachsen und Thüringen der strategische Rohstoff Uran für das atomare Wettrüsten der UdSSR abgebaut. Mit zeitweise 130.000 Beschäftigten agierte „die Wismut“ dabei wie eine Art "Staat im Staate" – und dies durchaus ambivalent. Verschiedene militärähnlich organisierte Machtapparate griffen ineinander, um die "unsichtbare" Jagd nach Uran für eine sowjetische Atombombe aller Risiken und Gefahren zum Trotz zu ermöglichen. Die Wismut setzte im Zuge dessen jedoch auch immer wieder Impulse für Neuentwicklungen verschiedenster Art. Sie förderte technische Innovationen ebenso wie beispielsweise Kunst und Kultur. So wurden in der weltweit größten Uranganglagerstätte (Schachtkomplex 371 in Hartenstein) in einer Abbautiefe von 1.800m Meilensteine gesetzt in Erkundung, Bewetterung und Wasserhaltung, Abbau- und Fördermethoden. Bergleute konnten bei der Wismut sehr gut verdienen, oft jedoch nicht ahnend, welchen Gefahren sie sich dabei aussetzten. Die erheblichen Risiken wurden zumindest anfänglich oft vertuscht, wie u.a. erst kürzlich die vierte Folge der ARD-Serie Charité fiktional nachzeichnete. Uranvorkommen als Rohstoff zur atomaren Aufrüstung, dramatische Umweltschäden, Zwangsarbeit und Gesundheitsschäden bei Mitarbeitern und Bewohnern, aber auch Innovationen – all das war Geheimsache ...
Nachdem die Wismut GmbH als Folgeunternehmen sich in den vergangenen Jahren konsequent um Sanierung, Um- und Rückbau der Wismut-Hinterlassenschaften gekümmert hat, gilt es nun, die Geschichte des Uranerzbergbaus in der DDR neu in den Blick zu nehmen. Die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig hat im Projekt Wismut-Erbe-Forschung Vorarbeit geleistet. Im Auftrag der Freistaaten Sachsen und Thüringen und mitfinanziert durch die Wismut GmbH wurden Zeitzeugen befragt, Archive durchforstet sowie verschiedenste Quellen erschlossen, erfasst, systematisiert und in einer Forschungsumgebung zusammengeführt. So können nun neue, interdisziplinäre Forschungsprojekte gestartet werden, Schulen und Bildungsträger Material an die Hand bekommen, um damalige Lebenswelten nachvollziehbar zu machen, Zeitzeugen zu Wort kommen und Bürgerinnen und Bürger umfassend recherchieren und in die damalige Zeit eintauchen.
- Wie gehen wir zukünftig um mit dem Erbe der Wismut – wie begegnen wir den materiellen und immateriellen Hinterlassenschaften des Uranerzbergaubs in der DDR?
- Wie sprechen wir über das ambivalente und vielschichtige Erbe der Wismut?
- Wie schaffen wir Zugänge zu einer Vergangenheit, die Menschen und ganze Regionen nachhaltig geprägt hat, über die nun aber im wahrsten Sinne des Wortes "Gras gewachsen" ist?
Diese Fragen werden am 29. April um 18 Uhr auf dem Podium und mit den Zuschauern im Livestream diskutiert; dank einer Kooperation mit der Hochschule Mittweida in professioneller Fernsehqualität.