Die frühen Christen bildeten keineswegs eine homogene Gruppe, geschweige denn eine Kirche. Von ihrem Wirken in der Welt, aber auch von den Irritationen, die sie bei Zeitgenossen auslösten, handelt dieses Buch. Es soll zugleich die modernen Leser irritieren: Die antiken Christen sind durch eine lebendige Erinnerung und durch ein gemeinsames textliches Erbe – die Bibel – eng mit der heutigen Welt verbunden, selbst für diejenigen, die dem christlichen Glauben fernstehen. Allenthalben stoßen wir auf Kirchengebäude, christliche Feiertage rhythmisieren unsere Zeit, weite Teile der Kunst sind durch christliche Motive geprägt, selbst noch in der Persiflage. Doch die sichtbare Nähe kann eine scheinbare sein.
Die Histothek | Die frühen Christen
Uwe Kullnick spricht mit Hartmut Leppin über die frühen Christen von den Anfängen bis Konstantin
Die Histothek | Die frühen Christen
Vieles an den frühen Christen ist uns fremd und weit entfernt von dem, was heute als Christentum gilt. Dieser doppelten Irritation – aus der Sicht der Heutigen und der antiken Zeitgenossen – geht der Autor des vorliegenden Buches nach und lässt uns die Fremdheit eines nur scheinbar vertrauten Christentums erkennen. Zugleich fragt er danach, wie eine kleine, sozial schwache Gruppe aus der Peripherie sich ausbreiten konnte und welchen Herausforderungen ihre Angehörigen sich gegenübersahen.
So legt er auch keine lineare Geschichte vom Urchristentum zur Großkirche vor. Es wird vielmehr deutlich, dass die Geschichte der Christen keiner zwingenden inneren Logik folgt und auch nicht durch höhere Kräfte bestimmt scheint. Stattdessen lassen zahlreiche Beispiele erkennen, wie sich frühe Christen in bestimmten Situationen um Problemlösungen bemühten und unterschiedliche Wege diskutierten – von denen sich manche aber nie durchsetzten. Was wir erkennen, ist mithin auch keine folgerichtige Entwicklung, sondern eine tastende, gleichsam experimentelle Bewegung, die sich oft hinter späteren Dogmen und Konzilsbeschlüssen verbirgt.
Das Gespräch
Hartmut Leppin studierte Geschichte und Klassische Philologie in Marburg, Heidelberg, Pavia und Rom. Nach dem Staatsexamen 1988 in Marburg wurde er dort 1990 promoviert. 1995 habilitierte er sich an der Freien Universität Berlin. 1995/6 vertrat er eine Professur in Greifswald. Danach erhielt er ein Feodor-Lynen- und ein Heisenberg-Stipendium, die er für Forschungsaufenthalte in Nottingham und Göttingen nutzte; seit 2001 ist er Professor für Alte Geschichte in Frankfurt am Main. Er ist Träger des Leibniz-Preises der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Erwin Stein-Preises.
Uwe Kullnick, ist freier Schriftsteller, Journalist, Gründer und Chefredakteur des Literatur Radio Hörbahn. Der Biologe studierte Neurophysiologe, Anthropologie, und forensische Sexualpsychologie, Er forschte und hatte Dozenturen an den Universitäten Braunschweig, Duisburg und Essen, Havard Universität (School of Public Health), Boston, und der Universität Neapel Federico II (Italien). Er war Vice President bei Siemens Communication, u.a. verantwortlich für Risiko-Kommunikation und -Management Gesundheit, Pandemie, Katastrophen-, Umwelt- und Arbeitsschutz, außerdem Troubleshooter für 150 Länder, wovon er mehr als 60 bereiste. Als Präsident steht er seit 2015 dem European Chinese Culture Exchange e.V. (ECCE) vor.