1887 wurde die Konzession zum Bau und Betrieb einer Kleinbahn vom Lokalbahnhof in Sachsenhausen nach Neu Isenburg und einer weiteren Linie von der Untermainbrücke nach Schwanheim mit einer Abzweigung nach Niederrad erteilt Am 5. Februar 1889 konnten die ersten beiden Strecken der „Waldbahn“ in Betrieb genommen werden, die Schwanheimer Strecke folgte am 18. April 1889. Noch war die große Zeit der „Elektrischen Straßenbahn“ nicht gekommen. Die Pferdebahn, deren Betrieb 1872 eine Genehmigung erhalten hatte, wurde weiter ausgebaut. Neue Trambahnstrecken wurden eingerichtet, 1896 die Strecke Untermainbrücke - Schweizer Straße - Mörfelder Landstraße, 1897 die Strecke Lokalbahnhof - Wendelsplatz - Mörfelder Landstraße und die Strecke Hauptbahnhof - Wilhelmsbrücke (heute Friedensbrücke) - Gartenstraße.
1899 war es dann endlich soweit. “Die Elektrische kommt”. Am 22. März fand die Probefahrt des ersten elektrischen Straßenbahnwagens statt. Die Fahrt ging vom Depot Sachsenhausen über Hedderichstraße –Darmstädter Landstraße - Dreieichstraße - Obermainbrücke - Lange Straße - Sandweg nach Bornheim, von dort auf demselben Weg zurück und über Mörfelder Landstraße - Schweizer Straße - Obermainbrücke zum Palmengarten-Ost und von da wieder zurück ins Depot.
Im Probewagen saßen die Honoratioren der Stadt und die Presse. Die Frankfurter Nachrichten berichteten, dass die Passanten entlang der Gleise stehen blieben und das Ereignis mit Freude betrachteten. Die Straßenjugend habe die Fahrt der Tram gar mit Jubel aufgenommen. Nur die Gäule, die den Weg der Elektrischen querten, waren ganz aus dem Häuschen: “ Als der ungewohnte Wagen nahte, geriethen die Trambahngäule in höchste Aufregung, so dass das Personal Mühe hatte, sie zu halten.”
Mit dem Betriebsbahnhof Sachsenhausen an der Hedderichstraße stand bei der Eröffnung der elektrischen Straßenbahn das erste Depot zur Verfügung. Es ersetzte das kleine, nicht erweiterungsfähige Pferdebahndepot in der Mühlbruchstraße. Am 10. April 1899 war die Betriebseröffnung der „Städtischen Straßenbahn Frankfurt“. Die erste Linie verkehrte auf der Strecke von Bornheim zum Palmengarten über Sachsenhausen wie bei der Probefahrt.
Am 17. Juni 1904 wurde die letzte Pferdebahnstrecke in Frankfurt eingestellt und durch die elektrische Straßenbahn ersetzt. Von großem Vorteil war, dass die „Elektrische“, wie sie in Frankfurt genannt wurde, das Schienennetz der Pferdetrambahn benutzen konnte.
Im Jahr 1899 wurde diese Eisenbahntrasse, seit 1886 nach dem nach Arzt und Kommunalpolitiker Johann Georg Varrentrapp benannte Straße, umbenannt. Seitdem trägt sie den Namen der Juristenfamilie Textor, der Goethes Mutter entstammt.Die Industriealisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die in Europa vor allem in und um die Städte stattfand. Der Zuzug der dafür benötigten Arbeitskräfte vom Land in die Städte verlangte Reaktionen, dass heißt großflächige Stadterweiterungen - auch in Frankfurt. Im Zusammenhang mit der Errichtung des Frankfurter Hauptbahnhofs kam es in Sachsenhausen zum Bau einer neuen Eisenbahntrasse.
Sachsenhausen hatte zu Beginn des 19. Jahrhunderts circa 5.000 Einwohner, deren Zahl bis 1866 auf etwa 8.000 angewachsen war. Bereits 1880 zählte man schon 18.000, um 1885 sollen es bereits circa 23.000 Einwohner gewesen sein. Die Einwohnerzahl Sachsenhausens war damit in kurzer Zeit schneller gewachsen als die Gesamtbevölkerung Frankfurts. Dieses Wachstum der Bevölkerung verursachte den Bauboom, der in Sachsenhausen zu den heute weitgehend erhaltenen gründerzeitlichen Vierteln führte. Der kurze Zeitraum in dem die Mehrzahl der Häuser an der Textorstraße gebaut wurden – von 1899 bis 1907 – verdeutlicht den Wachstumsdruck der Bevölkerung auf die Bautätigkeit. Die damals errichteten Bauten des Historismus wurden im vorigen, dem 20. Jahrhundert, als minderwertig abgelehnt, weil man unterstellte, dass sie frühere Baustile allein als dekorative Elemente der Fassadengestaltung benutzt haben, was tatsächlich auch häufig der Fall war. Wir sind heute jedoch in der Lage, den Eklektizsmus, das heißt die Nachahmung früherer historischer Baustile, unbefangener zu beurteilen.
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wenn Sie sich ein bisschen bei L.I.S.A. umschauen werden zu weitere Beiträge zu Frankfurt-Sachsenhausen entdecken.
Geben Sie als Suchbefehl einfach "StadtteilHistoriker" oder "Dr. Bockenheimer" oder "Sachsenhäuser Westend" ein und die entsprechenden Beiträge werden Ihnen angezeigt.
Im Sommer 2014 habe ich mich, als Fortsetzung der Arbeit zur Textorstraße, um das Gebiet westlich der Textorstraße gekümmert und eine große Ausstellung präsentiert. Mit etwas Glück wird diese Ausstellung "Das Sachsenhäuser Westend" mit dem Schwerpunkt "Holbeinstraße" im Frühjahr 2015 in der Kirche St. Bonifatius noch einmal zu sehen sein.
Zu dieser Ausstellung finden Sie bei L.I.S.A. zwei Beiträge.
jensholger.jensen@freenet.de
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Einfach herrlich
Ich kann mich noch an die Tankstelle erinnern es war eine Aral und das war das erste Wort das ich schreiben konnte
Ich war damals 5
Das Buch werde ich kaufen
Liebe Grüße und wenn sie mal noch ein Buch machen
Ich hab selbst ganz viele alte Bilder und Aufzeichnungen hier
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eine sehr interessante Publikation zu einem Stadtteil in Frankfurt am Main, der bisher nicht ausführlich untersucht wurde. Meine Anerkennung! Mein Interesse hat sich erst seit jüngster Zeit wieder dem Städtedreieck Wiesbaden - Mainz - Frankfurt zugewandt, einer Region, mit der ich, 1948 in Wiesbaden geboren, in meiner Kindheit und durch die Geschichte meiner Familie eng verbunden war. Wir spielten als Kinder in der Emser Straße 12 in Wiesbaden, dem Besitz der Fürsten von Hohenlohe, zuletzt wohl der Prinzessin Anna Luise Helene Eleanore zu Hohenlohe-Ingelfingen (1876-1969 Wiesbaden), mit der mein Großvater, Prof.Dr. Hermann Foerster, in Schlesien in Kontakt stand. Sie sehen schon, da kommen für meine Person noch viele Bezüge zur deutschen und europäischen Geschichte zum Tragen. Ja, über die Rheinbrücken fuhren wir nach Mainz, und in Frankfurt am Main gingen wir zur Alten Mainzer Landstraße, wo Verwandte lebten. Alle lokalgeschichtlichen Arbeiten wie z.B. diese Arbeit, die der Textorstraße in Sachsenhausen gewidmet ist, sind sehr zu begrüßen. Oft gelingt es nur so, die vielfältige Personengeschichte des 20. Jahrhunderts nachzuzeichnen und genauer als früher aufzuschlüsseln. Als Eigentümer einer sehr umfangreichen geistes- und kulturwissenschaftlichen Bibliothek freue ich mich, wenn Sie mir ein Exemplar überlassen wollen.
Mit freundlichen Grüßen nach Frankfurt am Main
Dr. Michael Foerster-Espirel
Wissenschaftsbureau
c/o G. Schultheis
Beethovenstraße 18
14480 Potsdam
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als Nicht-Sachsenhäuser haben Sie nicht nur mir, sondern auch vielen anderen Menschen "Ihre" Textorstraße viel näher gebracht. Ihnen und Ihren Mitautoren daher herzlichen Dank. Und natürlich auch von mir eine herzliche Gratulation zur Buchveröffentlichung.