„Sie dürfen aber jedenfalls davon überzeugt sein, dass das richtig ist und bleibt, was Ihnen die beiden alten Nationalsozialisten Rohe und Siepmann gesagt haben“. So zitiert Franz-Werner Kersting Alfred Siepmann aus seinem Schreiben vom 24.8.1933. Aus Jürgen Kösters, „Warstein in der nationalsozialistischen Zeit (1933-1945)“, 2018, mit Genehmigung des Verfassers: „Einfluss der NSDAP auf die Zusammensetzung der Stadtvertretung Warstein bis zum Ende der Demokratie in den Gemeinden Die NSDAP Ortsgruppe Warstein wurde im November 1931 gegründet und zählte bei Ihrer Gründung 21 Mitglieder. Ortsgruppenleiter: Holzapfel, Ferdinand Rohe, Hans Gierig, Theodor Bruns, Stromberg, Linneweber. Der aus SS und SA bestehende Saalschutz wurde von Anfang an für Kundgebungen, Versammlungen an der Möhne (Allagen und Belecke), in Hirschberg, Suttrop und Kallenhardt sowie bei ,Straßenschlachten’ eingesetzt. Auf Grund der Verordnung des Preußischen Staatsministeriums über die Festsetzung des Wahltages für die kommunalen Neuwahlen vom 4.2.1933 hat die Wahl zur Stadtvertretung Warstein am 12. März 1933 stattgefunden. Die Deutsche Gemeindeordnung bestimmt die Höchstzahl der Gemeinderäte in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern auf zwölf. Die neue Stadtvertretung besteht jedoch nur aus 11 Stadtverordneten die folgenden Parteien angehören: 2 Mitglieder der SPD, 2 Mitglieder der Deutschen Staatspartei (Hirsch-Dunckersche Gewerkverein), 1 Mitglied der Christlichen Arbeitergewerkschaft, 2 Mitglieder der Zentrumspartei, 2 Mitglieder der NSDAP, 1 Mitglied aus Handel und Gewerbe und 1 Vertreter der Bürgerliste. Am 20. März hatte der Reichskommissar für das Land Preußen, Vizekanzler v. Papen, durch Runderlass verfügt, dass Kommunisten wegen des Verdachts auf Hochverrat von Sitzungen der Vertreterkörperschaften auszuschließen seien. Am 28. März fand die konstituierende Sitzung der Stadtvertretung Warstein statt. Zu dieser Sitzung wurde der gewählte kommunistische Vertreter Raulf nicht eingeladen, weil nach Bekanntgabe der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat vom 28.2.1933, und Rundfunkspruch ss.d. Berlin 138 des Innenministers und Kommissar des Reichs, die Vertreter der "Kommunistischen Partei Deutschlands" sämtlich unter Verdacht des Hochverrats stehen und nicht an den Sitzungen der Vertretungskörperschaften teilnehmen dürfen. Die anderen elf, bei der Wahl am 12. März 1933 zur Stadtvertretung gewählten Herren, haben die Wahl angenommen. Sie wurden vom Vorsitzenden in ihr Amt eingeführt und durch Handschlag verpflichtet. Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl sind nicht erhoben worden. Ohne weitere Aussprache wird dann die Wahl einstimmig für gültig erklärt. Die dann folgende Aussprache über Wahlvorschläge zur Wahl des Stadtvorstehers und des stellvertretenden Stadtvorstehers machte den Einfluss der Nationalsozialistischen Partei deutlich. Zunächst die Neuwahl des Stadtvorstehers. Aus der Versammlung wurde vorgeschlagen, den bisherigen Stadtvorsteher Karl Pieper für die nächste Amtsperiode wieder zu wählen. Weitere Vorschläge wurden nicht gemacht. Es wurde vom Stadtverordneten Alfred Siepmann betont, dass die NSDAP zunächst keine Gegenvorschläge machen würde, da die Angelegenheit nicht persönlich, sondern rein sachlich (u.a. vermutete Verbindung des Stadtvorstehers mit der SPD) ausgetragen werden sollte. Er sprach sich gegen eine Wiederwahl von Karl Pieper aus. Nachdem weiter pro und contra die Wiederwahl von Karl Pieper zum Stadtvorsteher besprochen wurde, kam es zu einer geheimen Wahl mit verdeckten Stimmzetteln mit folgendem Ergebnis: Für Karl Pieper 6 Stimmzettel, mit nein 4 Stimmzettel, ungültig 1 Stimmzettel. Karl Pieper war damit für die nächste Amtsperiode wiedergewählt worden. Er nahm die Wahl an. Nachdem Alfred Siepmann erklärte, dass für ihn und seine Parteigenossen eine Zusammenarbeit mit Stadtvorsteher Karl Pieper nicht in Frage kommen könne, verließ er mit dem Stadtverordneten Ferdinand Stallmeister die Sitzung. Sodann folgte die Neuwahl des stellvertretenden Stadtvorstehers. Es wurden die Herren Stadtverordneten Hense, Fisch und Risse vorgeschlagen. Herr Hense und Herr Fisch verzichteten jedoch auf die Wahl. Über den Vorschlag Franz Josef Risse wurde öffentlich abgestimmt. Die Abstimmung ergab Einstimmigkeit für Franz Josef Risse. Derselbe nahm die Wahl an. Der Amtsbürgermeister Struif berichtete dem Landrat in Arnsberg am 1.4.1933 über die Wahl des Stadtvorstehers und Stellvertreters. In diesem Schreiben bestätigte der Amtsbürgermeister dem gewählten Stadtvorsteher Pieper eine stets ehrenhafte und korrekte Geschäftsführung. Er selbst habe gegen eine Bestätigung des Herrn Pieper keine persönlichen Bedenken, betont aber auch, dass die Kampfansage der NSDAP eine zukünftige ersprießliche Zusammenarbeit fraglich erscheinen lässt. Die Antwort aus Arnsberg ließ nicht lange auf sich warten. Die nächste Sitzung der Stadtverordneten am 11.4.1933 begann mit dem Verlesen der Verfügung des Landrats und Vorsitzenden des Kreisausschusses des Kreises Arnsberg vom 4. April 1933 K.Nr. 11/211-09 durch Amtsbürgermeister Struif, wonach Stadtvorsteher Pieper bis auf weiteres beurlaubt und für die kommissarische Wahrnehmung der Geschäfte des Stadtvorstehers zunächst Gastwirt Josef Pflug (NSDAP) bestellt worden sei. Er habe Josef Pflug auf Ersuchen des Landrats inzwischen vereidigt und in Gegenwart der Büroleiter in sein Amt eingeführt. Nach weiteren Ausführungen, mit denen der Bürgermeister auch den Dank an den beurlaubten Stadtvorsteher Pieper verband, begrüßte er den kommissarischen Stadtvorsteher Pflug und wünschte im Interesse der Stadt gedeihliche Zusammenarbeit. Stadtverordneter Alfred Siepmann (NSDAP) begrüßte den Gastwirt Josef Pflug in herzlicher Weise, dankte ihn für die Übernahme des Amtes, versprach aufrichtige Zusammenarbeit und Unterstützung bei Erfüllung der Aufgaben. Der kommissarische Stadtvorsteher Pflug dankte dem Bürgermeister für die öffentliche Einführung in seinen Wirkungskreis, hieß die Herren Stadtverordneten herzlich willkommen und bat, ihn in seinem Amte künftig mit Rat und Tat zu unterstützen zum Besten für unsere liebe Vaterstadt Warstein. Er werde, solange er die Verantwortung trage, mit allergrößter Sparsamkeit und Umsicht verwalten und mit der Vertretung gemeinsam, trotz aller Schwierigkeiten, am neuen Aufbau des Staates und an deren Gesundung tatkräftig mithelfen.