Ein kleiner müßiger Kulturkampf spielt sich seit Jahrzehnten um die Person Nikola Teslas ab, den berühmtesten jugoslawischen Erfinder; serbische Nationalisten und Geistliche betonen seit langem unermüdlich das Serbentum und die Orthodoxie eines alles andere als nationalistischen und religiösen Wissenschaftlers. Aber jetzt wird es ernst: umstritten ist die Abführung von der Urne mit Teslas Gebeinen vom ihm gewidmeten Museum in der wojwodinischen Hauptstadt in den riesigen Dom des Heiligen Sava zu Beograd, vermutlich mit dem Zweck der endlich vollständigen Instrumentalisierung dieses unabhängigen Genies von Seiten der Serbischen Orthodoxen Kirche und der Regierung kurz vor den Präsidentschaftswahlen: die eine möchte ihn verheiligen, die andere nationalisieren. genau ihn, der zwar aus einer serbischen Familie abstammte, aber unter dem Kaisertum Österreich – heutigem Kroatien – geboren wurde, in den Vereinigten Staaten lebte und in Jugoslawien starb.
So begann eine Gruppe von Wissenschaftlern eine unparteiliche Kampagne auf Facebook unter dem Namen Ostavite Teslu na miru, und mit dem Hashtag #OdbranimoTeslu auf Twitter, die bisher die Abstimmungen von Zehntausenden Bewunderern Teslas sammelten. Es wäre traurig, aber es ist wahrscheinlich, wenn diese populäre Botschaft ignoriert würde, und die Abführung der Urne unter der internationalen Verschwiegenheit geschähe. Es ist aber bisher erfreulich, dass die Bürger Serbiens ihre Stimme kurz vor den Wahlen auch um heikle Fragen wie diese hören lassen.Die Bewegung lässt wissen, dass es bei dem Protest hauptsächlich um die Weise geht, wie politische, symbolische Entscheidungen wie diese einseitig getroffen werden, sowie um den Eingriff der serbischorthodoxen Hierarchie in öffentliche Regierungsbeschlüsse eines zumindest amtlich säkularen Landes. Dazu gehört die ihres Erachtens unnötige und ideologische Zuordnung von so einem internationalen Freigeist zum nationalen Staatsglauben.
Dieses Ereignis führt uns zu der wichtigen Frage nach der noch unvollständigen Trennung von Kirche und Staat in manchen Balkanländern, insbesondere in den postjugoslawischen, welche keinen Raum für die Reifung und die Entfaltung des Glaubens als persönlicher Frömmigkeit offen lassen, sondern dazu neigen, sie als Werkzeug zur nationalen Trennung zu missbrauchen. Seltsamer- aber bezeichnenderweise genug, wird die Serbische Orthodoxe Kirche in den öffentlichen Gesprächen als SPC (srpska pravoslavna crkva) angeführt, als ob es sich um eine vertretende politische Partei handeln würde. Eine nicht nur balkanische Anomalie, aber unter allen europäischen Ländern konnte die fehlende Laizität der nationalen Politik nur hier im ehemaligen Jugoslawien so viele noch aktuelle Unheile anrichten und unter anderem den Boden für ein zukünftiges interreligiöses Verständnis unterminieren. Deshalb ist es wichtig, auf Gegenbewegungen wie diese aufmerksam zu machen, die den Weg zu einer entspannteren Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zeigen können.
Diese und solche Überlegungen sind Kern unserer Forschung über Südosteuropa und sein interreligiöses Alltagsleben. Sie stellen keine Äußerungen gegen die regierenden Kräften oder die Glaubensgemeinden Serbiens als solche dar.
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Quellen:
¹ http://is.gd/occpRu
² http://is.gd/FjxQbo
³ http://is.gd/xP3wKV
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Genauso ist klar, dass die serbische Kirche mit Recht darauf besteht, dass Teslas Urne nicht mehr in einem Museum -nicht in Novi Sad wie Sie schreiben, sondern in Belgrad, so wie es sich gehört für einen orthodoxen Serben, und auch wg. seinen Vater, in Belgrad in der "Sveti Sava" Kirche aufgebahrt wird!