Vorab eine kurze Erklärung der Redaktion: Der Inhalt dieses L.I.S.A.Newsletters ist weder mit ChatGPT erstellt worden, noch kam Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz.
Ist eine solche Mitteilung nun ein Qualitätsmerkmal, eine Art Gütesiegel oder deutet das eher auf Weltfremdheit und Technikaversion hin und ist letztlich schlichtweg naiv? Fragen, die angesichts des rasanten digitalen Wandels auf der Tagesordnung stehen und nicht nur die Wissenschaftskommunikation betreffen, sondern die Wissenschaft insgesamt, nicht zuletzt auch die Geisteswissenschaften, in denen Texte, Bilder und andere audiovisuelle Medien in der Regel den Untersuchungsgegenstand abgeben. Wie Künstliche Intelligenz die Geschichtswissenschaften jetzt schon verändert und sie künftig prägen wird, darüber haben auf dem vergangenen Historikertag in Leipzig verschiedene Vertreterinnen und Vertreter des Fachs kontrovers diskutiert. In Kooperation mit dem Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD) haben wir die Sonderveranstaltung aufzeichnen lassen. Den Videomitschnitt finden Sie bitte in der Übersicht.
In diesem Zusammenhang ließe sich grundsätzlich fragen, ob der umfassende digitale Wandel überhaupt im Geiste der Aufklärung erfolgt. Eine Fortschreibung des Leitpruchs Vom Mythos zum Logos? Oder geht es im Sinne der Dialektik der Aufklärung eher in die andere Richtung: zurück vom Logos zum Mythos? Ist der digitale und maschinelle "Fortschritt" gar ein Schritt in die menschliche Selbstentmündigung? Alte Fragen, die sich immer wieder neu stellen - so auch beim Salon Sophie Charlotte, bei dem das Aushängeschild der Kritischen Theorie, Adornos und Horkheimers Dialektik der Aufklärung, aktuell ausgelegt wurde. Um diese von digitalen Veränderungen verursachte Ambivalenz geht es auch in unserem Interview mit dem Kultur- und Medientheoretiker Prof. Dr. Ramón Reichert, der im sogenannten Selfie, der Ikone der digitalen Bildkultur, sowohl etwas Entmündigendes als auch etwas Emanzipatorisches zu erkennen vermag.
Wir bleiben bei Entmündigung, Emanzipation und Aufklärung. Letzteres verband Immanuel Kant mit dem lateinischen Sprichwort Sapere aude! und legte es so aus: Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Ein Akt der Selbstermächtigung unter den Bedingungen des Logos. Während der Coronakrise haben sich Gegner der Pandemiemaßnahmen auf diesen Leitspruch berufen und fühlten sich ermächtigt, öffentlich gegen die Coronapolitik zu demonstrieren. Der Soziologe Prof. Dr. Oliver Nachtwey schrieb darüber ein Buch mit dem Titel "Gekränkte Freiheit", dessen Thesen er im Salon Sophie Charlotte vorstellte. Wie sich Straßenproteste zur Sichtbarmachung von Unzufriedenheit in der Moderne verändert haben, darüber sprach im Historischen Kolleg wiederum der Historiker Prof. Dr. Philipp Gassert. Beide Videomitschnitte líegen vor.
Um das Spannungsverhältnis aus Politik auf der einen Seite und Wissenschaft auf der anderen drehte sich auch die erste Ausgabe des neuen Diskussionsformats Montagsdebatte. Der Fokus lag dabei auf der gegenseitigen Beeinflussung von Politik und Zeitgeschichte. Kann die Zeitgeschichte auf politisch-administratives Handeln einwirken? Und wie schalten sich politische Akteure in die Erinnerungspolitik ein? Von Geschichtspolitik handelt auch unser Interview mit den Historikern Dr. Simon Lentzsch und Dr. Manuel Kamenzin. In bester dialektischer Manier haben sie das vermeintliche Naturgesetz der Historiographie, nach dem die Sieger die Geschichte schreiben, umgedreht. Die Geschichte wird von den Besiegten geschrieben, so ihre Ausgangsüberlegung, die sie an Beispielen aus Antike und Mittelalter überprüft haben.
Zum Ausklang noch mehr Spannung: Warum sind Kriminalfilme eigentlich von weiblichen Leichen überhäuft? Welche Rolle wird Frauenkörpern auf Seziertischen der Pathologie von Drehbuchautoren und Regisseuren zugeschrieben? Gibt es dabei einen dezidiert männlichen Blick? Fragen, auf die der Soziologe Prof. Dr. Manfred Clemenz in seinem Essay aus der Perspektive der Kritischen Theorie Antworten zu geben versucht.
Und ganz zum Schluss noch einmal zurück zum Digitalen und zur Geschichtswissenschaft. Morgen veröffentlichen wir eine neue Ausgabe von Zu Gast bei L.I.S.A. So viel sei verraten: Es geht um die Chiffre NFDI4Memory. Wir klären auf...
Mit herzlichen Grüßen aus dem völlig verregneten Rheinland
Ihre L.I.S.A.Redaktion