Eine Folge davon war, dass sich aufgrund der Unverkäuflichkeit seiner Bilder seine Schulden bei Theo anhäuften. Theo geriet immer stärker in die Rolle eines Mäzens, dem Vincent verpflichtet war – ein folgenschweres Dilemma. Während seine Schulden und damit seine Schuldgefühle Tag für Tag stiegen, hielt Theo die Bilder Vincents nicht für ausgereift genug und bot sie deshalb auch nicht zum Verkauf an. Als er es 1888 doch riskieren wollte, sperrte sich Vincent dagegen. Er hatte mittlerweile resigniert, er zweifelte an seiner Kunst, die «Hoffnung und der Wunsch, sich durchzusetzen» waren zerbrochen. Nun wolle er nur noch aus «innerer Notwendigkeit», das heisst nicht mehr für den Markt, produzieren.
Gleichzeitig stellte Theo jedoch den Kontakt zu einem kunstverständigen Publikum her, indem er die Bilder seines Bruders für die Ausstellungen der Indépendants und der Vingtistes einreichte, was Vincent zunächst ebenfalls verhindern wollte: Er fühle sich den Vingtistes nicht gewachsen, bekundete er. Durch diese Ausstellungen stieg aber sein künstlerisches Ansehen enorm.
Wenig erfolgreich waren dagegen van Goghs luftschlossartige Konstruktionen eines alternativen Kunstbetriebs. Sein Plan einer Künstler-Kooperative, den er bereits in Paris entwickelt hatte und den er in Arles 1888 erneut aufgriff, sah vor, dass die Künstler des «Grossen Boulevards» (Monet, Degas, Renoir) mit den Künstlern des «Kleinen Boulevards» (van Gogh selbst, Signac, Seurat, Bernard und Gauguin) einen gemeinsamen Bilder-Pool schaffen sollten. Bei Verkäufen sollten die Erlöse auf alle verteilt werden. Die renommierten Künstler würden sich aus moralischer Verpflichtung an dem Projekt beteiligen. Das Projekt war zum Scheitern verurteilt.
Noch abwegiger war ein Plan, den er ebenfalls in Arles entwickelte: ein internationales Kunsthändlernetz für Impressionisten, mit Filialen in Paris, London und Marseille. Dabei sollte ausgerechnet Hermanus Tersteeg, der Leiter der Den Haager Filiale von Boussod et Valadon (den Nachfolgern von Goupil & Cie), ehemaliger Vorgesetzter van Goghs und seit dieser Zeit sein Intimfeind, als Schlüsselfigur in Erscheinung treten: ein Kunsthändler, der die Impressionisten für Stümper und Kleckser hielt. Tersteeg antwortete nicht einmal auf van Goghs Vorschlag.
Noch einmal flackerte in Vincent van Gogh Hoffnung auf, was den Kunstmarkt betraf, als er sich im Gelben Haus in Arles etabliert hatte. Das Gelbe Haus sollte der Kern eines klosterartig organisierten Künstlerordens mit Gauguin als Abt werden. In seinem anfänglichen Überschwang erklärte sich van Gogh sogar bereit, sich dem populären Geschmack anzupassen, um Gewinn zu erzielen.
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