L.I.S.A.: Der digitale Wandel macht auch vor den Museen nicht Halt. Prominente Initiativen wie Kultur Digital oder museum4punkt0 versuchen, die Museumswelt von morgen zu konturieren. Halten auch Sie einen Digitalisierungsprozess in Ihrem Hause für sinnvoll – oder sind Sie gar schon bei der Umsetzung – und wenn ja, in welchem Rahmen? Was versprechen Sie sich davon und wo sehen sie eventuell auch Hindernisse?
Dr. Riller: Ich sehe die Digitalisierung im Vermittlungsbereich regionaler Geschichtsmuseen nicht als Heilsbringer. Es gibt viele digitale Lernformate, die schön sind und ohne Museum funktionieren: Spannend gemachte Dokumentarfilme, Serious Games oder Wissensportale vermitteln erstklassig historische Inhalte. Kleine Museen müssen hier aus meiner Sicht aber nicht miteifern und so tun, als hätten sie unbegrenzt Mittel, Kompetenzen und Nutzer. Gerade wenn man sich mit lokaler Geschichte befasst, ist die Zielgruppe de facto eine geografisch limitierte. Die Zeitzeugendatenbanken der nationalen Geschichtsmuseen wenden sich gleichermaßen an Bayern und Hamburg. Wenn wir Interviews zur Bergedorfer Lokalgeschichte durchführen – und das tun wir regelmäßig zur Präsentation in unseren Medienstationen – betrifft der Inhalt außerhalb der Bezirksgrenzen aber kaum jemanden. Das heißt, die wenigen Finanzmittel, die ich habe, lege ich besser an, um meine Zielgruppe vor Ort tatsächlich ins Museum zu holen, statt Webapplikationen zu entwickeln.
Als Regionalmuseum möchten wir im Idealfall das Wohnzimmer der Stadtbewohner sein, in dem man sich real trifft und real austauscht und miteinander lebt. Um beim Beispiel von Zeitzeugeninterviews zu bleiben, glaube ich auch, dass es die Aussagen derer verändert, die etwas aus ihrem persönlichen Erleben berichten, wenn sie wissen, dass ihre Aussagen für die ganze Welt abrufbar im Netz stehen, als wenn sie kontextualisiert im geschützten Raum für begrenzte Zeit präsentiert werden.
In Teilbereichen greifen wir natürlich auch auf digitale Formate zurück. In unseren sozialen Medien führen wir häufig Umfragen zu lokalen Gegenwartsfragen und Befindlichkeiten durch. Auch haben wir seit Jahren Tablet-Rallyes für Kinder bei uns im Schloss. Die Rallyes funktionieren allerdings genauso analog mit Zettel und Stift. Einziger Mehrwert der Tablets ist, dass Kinder sie cooler finden. In unseren Ausstellungen ist es aber teilweise umgekehrt: wir lassen die Besucher bei uns viel händisch interagieren. Wer den ganzen Tag am Bildschirm arbeitet oder am Handy wischt, findet es hier lustiger, mit einem Filzstift etwas an die Wand schreiben zu dürfen oder Holzkugeln in Abstimmröhren zu werfen.