In Zeiten der Angleichung beziehungsweise "Harmonisierung" von Hochschulstrukturen scheint es einen großen Verlierer zu geben - die "Kleinen Fächer", auch Orchideenfächer genannt. Die Wikipedia zählt folgende Disziplinen als aktuelle Beispiele auf: Sprechwissenschaft, Sprecherziehung, Sorabistik, Onomastik, Afrikanistik, Christliche Archäologie, Keltologie, Tibetologie, Kristallographie und Diakoniewissenschaften. Sie werden aufgrund ihrer geringen Studierendenzahl als Fächer bezeichnet, die sich Universitäten als Luxus leisten und worauf man angesichts angespannter Haushalte auch gerne verzichten könne. Aber ist das wirklich so? Sind solche Spezialfächer ohne messbaren Nutzen? An der Universität Mainz gehen in der Arbeitsstelle Kleine Fächer Prof. Dr. Mechthild Dreyer, Dr. Uwe Schmidt, Kathrina Bahlmann und Anna Cramme diesen und ähnlichen Fragen nach. Wir haben sie dazu interviewt.
"Eine verlässliche Informationsbasis bieten"
L.I.S.A.: Die Universität Mainz hat eine gesonderte Arbeitsstelle, die sich mit den sogenannten "Kleinen Fächern" befasst. Worum geht es dabei genau?
Mainzer Arbeitsstelle Kleine Fächer: Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hat mit Unterstützung des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur eine Arbeitsstelle Kleine Fächer eingerichtet, die sich mit einer Bestandsaufnahme der kleinen Universitätsfächer und deren Perspektiven befasst.
Die Mainzer Arbeitsstelle knüpft an die Ergebnisse der Potsdamer Arbeitsstelle Kleine Fächer an. Zum einen setzt sie die Kartierung der kleinen Fächer fort, um eine verlässliche Informationsbasis für weitere hochschulpolitische Entscheidungen zu bieten. Zum anderen wird sich die Mainzer Arbeitsstelle den Hintergründen und Ursachen für die Entstehung sowie die Situation der kleinen Fächer in Deutschland zuwenden. Der internationale Vergleich verdeutlicht, dass die Einteilung in große und kleine Fächer keinesfalls statisch ist, sondern in Abhängigkeit von wissenschaftsorganisatorischen und -kulturellen Gegebenheiten erfolgt. Ziel ist es, diese Entwicklung der Ausdifferenzierung von universitären Fächern in wissenschaftshistorischer Perspektive zu untersuchen, spezifische Handlungsmuster herauszuarbeiten und damit einen Beitrag zum Verstehen der deutschen Wissenschaftskultur zu leisten.
Reaktionen auf den Beitrag
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Und der Nachtrag: es ist schon bezeichnend, daß die früheren Säulen der akademischen Bildung, die Latinistik und die Gräzistik nur noch Orchideen sind. Ja selbst die Astronomie, die doch eigentlich eine Fortschrittswissenschaft wäre.
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Im Jahr 2007 waren die "Geisteswissenschaften" Mittelpunkt des Wissenschaftsjahres (was schon zeigt, daß mittlerweile eigentlich alle geisteswissenschaftlichen Fächer auf dem Weg zu "Orchideenfächern" sind, wenn nicht einmal mehr Fächer wie Germanistik oder wenigstens die Philologien allgemein oder die Geschichtswissenschaften eigenständig geführt werden. Sei es drum, im Rahmen des Wissenschaftsjahres ging es auch um die Stellung der kleinen Fächer, die auf der Webseite ein paar ihrer Vertreter durch Videos präsentieren konnte. Es ist zum Teil irritierend, wenn man sehen muß, daß für einen selbst sehr wichtige und präsente Fächer nur noch als Randerscheinung und Luxusgut gelten, weil sich mit ihnen letztlich kein Geld machen lässt und heutzutage fast nur noch das von Wert ist, was Gel bringt, statt es nur zu kosten.
http://www.zak.kit.edu/1750.php