Wie wird man so stark wie der legendäre Milon von Kroton? Durch übermäßigen Fleisch- und Brotkonsum oder doch eher durch den Verzehr von Feigen? Dr. Sebastian Dietrich geht in seinem von der Gerda Henkel Stiftung geförderten Projekt „Ernährung und athletische Leistung im antiken Griechenland“ diesen und anderen Fragen rund um die Ernährungswelt des antiken Sports nach – mit interdisziplinären und experimentellen Methoden. Wir haben ihm unsere Fragen gestellt und dabei auch erfahren, wie akkurat „Asterix bei den Olympischen Spielen“ ist.
"Die großen Leistungen ihrer Denker, Philosophen, Mediziner und Naturwissenschaftler"
L.I.S.A.: Herr Dr. Dietrich, in Ihrem von der Gerda Henkel Stiftung geförderten Projekt „Ernährung und athletische Leistung im antiken Griechenland“ begeben Sie sich auf die Suche nach der antiken „Diätetik“. Bevor wir über Einzelheiten sprechen wollen – was hat Sie bewogen, sich dieses Themas anzunehmen?
Dr. Dietrich: Der antike Begriff Diätetik bezieht sich auf Vorschriften und Empfehlungen antiker Ärzte u.a. für Ernährungszubereitung und Sport: Beidem widme ich mich selbst leidenschaftlich seit vielen Jahren und verfolge auch die aktuellen Trends in den Bereichen Fitness und Sporternährung. Als Althistoriker blicke ich dann doch recht ehrfurchtsvoll auf die antiken Athleten, die bei ihrem Training und ihrer Wettkampfvorbereitung mit Bedingungen fertig werden mussten, welche uns heute ins Staunen versetzen:
Bei den panhellenischen Wettkämpfen reisten Sportler aus der ganzen griechischen Mittelmeerwelt auf das griechische Festland. Oft waren sie mehrere Wochen unterwegs und dabei den Unsicherheiten des antiken Reiseverkehrs ausgesetzt. Wir denken hier zuerst natürlich an Friedrich Schillers „Kraniche des Ibykus“ und die hier thematisierten Gefahren durch Räuber und Wegelagerer. Doch waren die Wettkämpfer, welche sich zum „Kampf der Wagen und Gesänge“ begaben, noch mit zahlreichen anderen Problemen konfrontiert: Auf der Reise konnte es nur eingeschränkte Trainings- und Vorbereitungsmöglichkeiten geben und verlässliche Kühlmöglichkeiten für die Nahrungsmittel fehlten. Überhaupt war die Lebensmittelhygiene mit heutigen Standards nicht zu vergleichen. Der Befall mit Darmparasiten, wie Spul- oder Peitschenwürmern, erscheint in der Antike als omnipräsentes Problem, was natürlich auch Einfluss auf das Wohlbefinden und die Nährstoffversorgung der Sportler hatte.
Dennoch war ein Triumph bei den Wettkämpfen, wie den Olympischen Spielen, so attraktiv, dass über 1000 Jahre Generationen von Athleten und Sportlern die Strapazen des Trainings, einer spezifischen Lebensführung und der Reise auf sich nahmen. Nun ist die Antike ja für ihren Einfallsreichtum und die großen Leistungen ihrer Denker, Philosophen, Mediziner und Naturwissenschaftler bekannt: Das wirft die Frage auf: Was lässt man sich in einem Zeitraum von über 1000 Jahren, also ca. vom 8. Jh. v. Chr. bis zum 4. Jh. n. Chr., im Bereich der Sporternährung einfallen, um als Athlet siegreich zu sein und sich gegenüber seinen Kontrahenten im Ringen, Boxen, Laufen, Weitsprung, Speer- oder Diskuswurf durchzusetzen?