L.I.S.A.: Ihr Band enthält eine Auswahl an unterschiedlichen Beiträgen, die zweifach geordnet bzw. sortiert zu sein scheinen: Zeitlich in Beiträge zum 19. Jahrhundert einerseits und zum 20. Jahrhundert andererseits, thematisch spiegelbildlich nach spezifischen Themenfeldern und abschließend jeweils ein Artikel zu einer geschichtstheoretischen Fragestellung. Ein falscher Eindruck? Nach welchen Gesichtspunkten haben Sie ausgewählt und sortiert?
Dr. Schors: Tatsächlich besteht der Band aus zwei Sektionen zum 19. und zum 20. Jahrhundert, die jeweils sechs empirische Beiträge enthalten. Jede Sektion schließt mit einem kommentierenden Beitrag einer Historikerin mit besonderer Expertise für den jeweiligen Zeitraum, um eine Zwischenbilanz für das 19. und das 20. Jahrhundert zu ziehen. Der Band ist somit mehrgleisig und multifunktional angelegt: Die jeweiligen Sektionen zum 19. und zum 20. Jahrhundert können in sich abgeschlossen gelesen werden als neuester Forschungsstand zur Internationalen Geschichte des jeweiligen Jahrhunderts. Darüber hinaus lassen sich die empirischen Beiträge in ganz unterschiedlicher Weise aufeinander beziehen – auch über zeitliche und thematische Grenzen hinweg.
Prof. Klose: Um dem Band eine ordnende Struktur zu verleihen, haben wir uns dazu entschlossen, die Beiträge anhand von sechs wichtigen, die Jahrhunderte überspannenden Feldern zu organisieren – von Diplomatie, Wirtschaft und Recht zu Netzwerken, Familie und Wissen. Damit ist sichergestellt, dass wir ausgewählte, aber elementare Aspekte der Internationalen Geschichte in jedem Fall berühren. Zudem lag der besondere Reiz dieser Strukturierung darin, dass sie eine Art Metanarrativ transportiert. In dieser spezifischen Reihung – von Diplomatie zu Wissen – vollzieht die Strukturierung nämlich die historiographische Genese der Internationalen Geschichte nach. Zugleich spiegelt diese Abfolge die Entwicklung der Teildisziplin von einem lange engeren Themenkanon hin zu signifikanten methodischen und konzeptionellen Erweiterungen wider.
Dr. Schors: Insgesamt leitete uns die Idee, jeweils zwei Beiträge für jedes dieser Felder vorzusehen, die in einer Art Tandem das entsprechende Feld einmal für das 19. und einmal für das 20. Jahrhundert erschließen. Dabei zielte die Konstruktion der Tandems darauf ab, produktive Reibungsflächen und asynchrone Vergleichsperspektiven ausloten zu können. Im nun vorliegenden Endergebnis sind diese Strukturierung nach Feldern und die Tandemkonstruktion, die uns bei der Anlage des Bandes als hilfreiches Baugerüst gedient haben, nicht mehr ohne Weiteres zu erkennen. Wenn man allerdings von der Entstehungsgeschichte des Bandes weiß, werden diese Konturen wieder sichtbar. Genau in dieser Vieldeutigkeit liegt aus unserer Sicht eine große Chance.
Prof. Klose: Wer möchte, kann der Spur dieser spezifischen Bezüge folgen. Wer aber anderen Verbindungslinien zwischen den einzelnen Beiträgen folgen möchte, wird ebenso fündig. Um ein Beispiel zu geben: Eine Leserin, die sich vor allem für Recht interessiert, wird wahrscheinlich die beiden Aufsätze zu diesem Thema intensiv und in Bezug zueinander lesen. Ein anderer Leser, der auf das 19. Jahrhundert fokussiert ist, beginnt die Lektüre möglicherweise mit dem entsprechenden kommentierenden Beitrag zu diesem Jahrhundert, um dann vertiefend einzelne Beiträge aus diesem Zeitraum hinzuzuziehen und genauer in Augenschein zu nehmen.