Ein Spiel nach westlichen Regeln frustriert Makedonien, schon ausreichend dadurch frustriert, den strengen Anforderungen für ihr EU-Beitrittsverfahren ohne internationalem und vor allem regionalem Ansehen genügen zu müssen. Den Mazedoniern wird nämlich von ihren Nachbarn grundsätzlich alles aberkannt, was einen herkömmlichen Nationalstaat ausmacht: Religion (von der serbisch-orthodoxen Kirche), Sprache (von den Bulgaren), Gebietseinheit (von albanischer Seite), Geschichte und sogar der Name (von Griechenland)!
Daraus folgt nicht nur, dass die Identifizierung mit den nationalstaatlichen Erzählungen viele Bürger Mazedoniens ausschließt, unter anderem Albaner, Türken und Roma, sondern dass sie nicht mal die slawischen Mazedonier ganz zu überzeugen scheint. Die stärkste Identität besteht darin, die eigene Identität nicht bewusst zu äußern und gegen andere Identitäten durchsetzen zu wollen. Die schwächste Identität ist die, welche aus Identitätskrisen ensteht, die aus Streitigkeiten (z. B. Landes- und Namensstreitigkeiten) hervorgehen.
Es ist nie zu spät, aus der mazedonischen eine multinationale, geographische Identität zu machen, wie beispielsweise beim von Griechenland akzeptierten eigentlich großzügigen und zeitgemäßen Umbenennungsvorschlag „Nordmazedonien“ oder „Obermazedonien“. Die mazedonische Kultur ist und war eben nie eine Abstandskultur, sondern eine Übergangskultur - wie gesehen, ist sie in letzter Zeit aber auch eine Kultur im Ausbau. So viel man da aber auch ausbaut, die Frage der Anerkennung durch den Nachbarn wird sich doch nicht so schnell lösen, im Gegenteil: eine verspätete Nationsbildung nach westeuropäischem Muster kann nur das Gefühl noch mehr verstärken, Mazedonien sei ein rückschrittliches, feindseliges und verbittertes, belangloses Land, welches von sich behauptet, die „Wiege der Zivilisation“ zu sein (tatsächlich erhalten alle Einreisenden diese Kurzmitteilung auf Englisch), dazu noch als unschönes, weil meistens durch negative (Konflikte) oder groteske Sachen (Skopje 2014) bekannt. Wieso erzählt aber die gelebte Wirklichkeit eine andere Geschichte, mal ausnahmsweise die von einem schönen Mazedonien?
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Solange es die eigene Kultur ist, mit der eine Nation prahlt, ist es ja auch ok. Das Problem mit dieser gekünstelten Nation ist, dass sie mit den Kulturen ihrer Nachbarn prahlen.
Soweit ich weiss, war Homosexualität im Alten Griechenland verpöhnt und verboten, da darauf die Todesstrafe stand.
Die Anwendung vermeintlich westlicher Fortschrittsmuster ist nicht nur ein Problem dieses Landes, sondern ein solches ganz Osteuropas.
Im ersten Jugoslawischen Staat, der 1929 ins Leben gerufen wurde, hieß die Region Südserbien oder Vardarska Banovina. Zudem ist die sog. makedonisch-orthodoxe Kirche eine nicht anerkannte Kirche. Außerdem befindet sich die Vertretung der griechisch-orthodoxen Kirche im Gefängnis in Skopje. Zuvor im gegründeten südslawischen Staat von 1919 nach dem Ersten Weltkrieg hieß der Staat Königreich der Slovenen, Kroaten und Serben. Wenn Sie sich ältere Karten ansehen, noch vor dem Zweiten Weltkrieg, dann sehen Sie, dass das Sprachliche in dieser Region eher dem Bulgarischen zuzuordnen ist. Das haben mir auch dort erzählt als da war. Nicht zu vergessen: gut vierzig Prozent des Landes wird von Albanern bewohnt, die um einen eigenen Staat kämpfen. Auch für Griechen, zugegebenermaßen, kein erfreuliche Tatsache, da auch die Gebietsansprüche an griechischem Territorium stellen.
Die Griechen stellen "sogar" den Namen dieser Republik in Frage, aus dem einfachen Grunde, dass dieser Name aus dem griechischen stammt: Makednos, der lange Kerl. Die Makedonier waren verwandt mit den Dorern. Dort wo die Ionier und die Attiker, sprich Athener, ein Eta hatten, hatten die Dorer und die Makedonier ein A. Makos => Mekos, Mikos, die Länge. Ein Terminus, der seit jenen Jahren bis heute im Griechischen gebräuchlich ist. Außerdem ist die Geschichte des Landes, wie Sie selbst schreiben lediglich zwanzig Jahre alt und die beanspruchen die Geschichte eines Landes, die mit römischer und osmanischer Unterbrechungen um die zweieinhalb Jahrtausende in die Vergangenheit reicht. Darüber hinaus äußerte sich der erste Präsident dieses Landes, der jugoslawische Partisan Kiro Gligorov, diesbezüglich indem er zugab, dass die Bewohner dieses Landes Slawen seien und dass sie mit der Vergangenheit, sprich Alexander dem Großen, nichts gemein haben. Lediglich deren slawische Lobbies in Kanada, den USA und in Australien hatten etwas dagegen.
Wie dies entstanden sein könnte? Da kann ich nur eine Vermutung stellen: Die Teilrepublik als Teilstaat des kommunistischen Jugoslawiens entstand erst im August des Jahres 1944. Da befand sich Jugoslawien in den letzten Zügen der Besatzung aus Nazi-Deutschland, dem faschistischen Italien, dem bulgarischen Königreich hinzu die Ungarn und die Albaner. Die Griechen mussten sich "lediglich" mit den ersten drei "begnügen" sozusagen. Die Besatzung in Griechenland rief sämtliche Widerstandgruppen hervor, darunter die stärkste, die kommunistische EAM-ELAS. Diese hatte in ihren Reihen auch griechische Slawischsprachige in Makedonien. Nach dem Ende der Besatzung kam es in Griechenland zu einem blutigen Bürgerkrieg zwischen den Kommunisten und den Nationalgesinnten, der bis 1949 andauerte. Aus dem EAM-ELAS kam die Demokratische Armee Griechenlands hervor, die gegen die reguläre griechische Armee kämpfte. Das Ergebnis dieses Bürgerkrieges war, dass die Kommunisten eine herbe Niederlage einstecken mussten. Sämtliche Kommunisten mussten das Land in Richtung Ostblockstaaten verlassen. Darunter auch die eben genannten Slawischsprachigen, die sich überwiegend in diese umstrittene Region niederließen. Und hier fängt meine Vermutung an: diese vom eigenen griechischen Staat regelrecht Gejagten übernahmen sämtliche verantwortliche Stellen im Staat und drückten deren makedonische Ideologie auf. Aus Hass, vermute ich, zum ursprünglichen griechischen Staat, der sie verjagte.
Dahingegen waren dies keine Verräter im griechischen Staat. Im Gegenteil sogar. Während des sogenannten Kampfes (1903-1908) um das noch bis 1912 osmanische Makedonien, der u.a. mit Waffen zwischen dort eingeschleusten griechischen und bulgarischen Banden tobte, kämpften auf griechischer Seite viele Slawischsprachige mit griechischem Nationalbewusstsein. Ein anderes Beispiel waren die Vorfahren des jetzigen Präsidenten Nikola Gruevski und des eben erwähnten Vize-Präsidenten des Parlaments Antonio Milososki. Beides griechischer Abstammung. Deren Großväter kämpften im Jahre 1940 in der griechischen Armee gegen die Eindringlinge aus dem faschistischen Italien. Der Großvater des Präsidenten ist in diesem Kampf auch umgekommen. Demnach auch keine Verräter. Aber die Stiefmütterliche Behandlung seitens des griechischen Staates hat sie, meines Erachtens, zu dem gemacht, was sie heute sind.
Soweit ich weiss, stehen bislang zumindest "Ober- oder Nordmakedonien" für die griechische Regierung nicht zur Disposition. Wer zudem die entsprechenden Karten in Umlauf bringt, der schürt Ängste bei seinen Nachbarn. Apropos mazedonische Wiedergeburt: Den Staat gab es nie. Wenn Sie damit das antike Makedonien meinen, dann wiederhole ich mich: das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Die wirkliche Kultur des Landes besteht nicht darin, sich an der Geschichte der Nachbarvölker zu vergreifen, wenn man gute Beziehungen zu ihnen pflegen möchte. Wenn diese gewährleistet sind, dann gibt es nichts, was man einem EU-Beitritt entgegenbringen
könnte.
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Diese Nation ist eine gekünstelte welche. Sie hat keine eigene Traditionen und keine eigene Geschichte. Aus diesem Grunde zogen sich die Leute die Geschichten ihrer Nachbarn zu sich. Mit Justinian und Alexander dem Großen hat dieses Slawenvolk nichts zu tun. Als diese beiden Könige und Kaiser die Region regierten, gab es die Slawen dort nicht, so dass sie sich auf diese beziehen könnten. Zudem waren deren Muttersprachen griechisch oder im besten Fall römisch, zumindest für Justinian. Philipp und Alexander sind durchaus griechische Namen. Philos + Ippos = Freund und Pferd, Pferdefreund. Alexi + Andras = Entfernen und Mann, Mannesentferner. Aristoteles und so weiter. Die alle haben griechisch gesprochen und geschrieben. Wenn man Ihnen sagen würde, dass Julius Cäsar ein Franzose wäre, bloß weil er in Galien war, dann würden Sie mich für verrückt erklären. Zum anderen besteht auch ein Problem mit deren Verfassung, die die Einverleibung oder die "Befreiung" der Nachbargebiete vorsieht. Somit ist die Errichtung sämtlicher Statuen ein Affront und eine Taktlosigkeit gegenüber den Nachbarstaaten, die die Expansionsgelüste dieses Staates offenlegt. Der Vizepräsident des Parlamentes Antonio Misososki hat die Fahne seines Staates auf dem Gipfel des Olymps in die Kamera hochgehalten. Dieser gehört ja immer noch zu Griechenland. Mir kam es jedoch so vor, als ob er die Grenzen seines künftigen Staates inspizieren wollte. Sie haben sich dort niedergelassen, gut 1000 Jahre nach der Herrschaft Alexanders des Großen, sie wollen friedlich mit ihren Nachbarn leben, dann wäre es taktvoller und wünschenswert, sich eine eigene Geschichte und Identität zu schaffen und nicht sich jene der Nachbarn einzuverleiben.