Am 19. Juli 1973 wurde bekanntgegeben, dass aufgrund der Proteste der Bevölkerung das geplante Kernkraftwerk nicht in Breisach, sondern in Wyhl gebaut werden solle. Es formierte sich ein Widerstand, der für die folgenden 50 Jahre stilbildend wurde. Dort, wo Atomanlagen gebaut werden sollten, ahmte der Protest das erfolgreiche Vorbild nach. Wyhl wurde zum Mythos.
Vor 50 Jahren ist hier Geschichte geschrieben worden. Der Ort am Oberrhein gilt als Mutter einer neuen politischen Kultur in Deutschland. Dies ist der Anlass für eine Ausstellung, welche die Württembergische Landesbibliothek vom 23. Mai bis 27. August 2023 präsentiert. Sie kann dabei auf große Bestände zum Thema zurückgreifen. Denn die WLB verfügt über die umfangreichste Sammlung von Plakaten, Flugblättern und Pamphleten der Anti-Atomkraft-Bewegung.
Im Mittelpunkt der Ausstellung Atom. Strom. Protest. steht die Frage, wie aus Protest politische Mitwirkung wird. Sie fragt nach den Gründen dieser Entwicklung, stellt die Vielfalt der Proteste dar und lässt das Leben der Aktivistinnen und Aktivisten lebendig werden. Sie illustriert die Argumentation der Befürworter und Gegner und fragt nach dem Protest in anderen Staaten und den aktuellen Problemen. Denn noch heute bestimmt die Frage nach einer künftigen Nutzung der Atomenergie politische und gesellschaftliche Debatten. Wie aktuell das Thema heute ist, zeigen nicht zuletzt die Diskussionen über die Energiekrise infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine und den Klimaschutz.
Flankiert wird die Schau von Führungen sowie einem abwechslungsreichen Veranstaltungsprogramm.
Begleitband zur Ausstellung: Atom. Strom. Protest. 50 Jahre Wyhl und anderswo, Jan Thorbecke Verlag, ISBN 978-3-7995-1988-5 (25 €)
Die Ausstellung wird gefördert von der Baden-Württemberg Stiftung sowie dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg.