Die Extremismusforscherin Julia Ebner hat im Laufe ihrer Recherchen für sich festgestellt, dass Islamisten und Rechtsextreme, die sich ideologisch spinnefeind sind, mit ähnlichen Strategien und Methoden arbeiten. Im Zuge ihres Projekts schleuste sie sich in unterschiedliche Netzwerke beider politischer Mileus ein und gewann dabei Einblicke in deren Binnenstrukur und Binnenkommunikation. Über ihre Erkenntnisse hat sie zuletzt ein vielbeachtetes Buch geschrieben. Wir haben sie um ein Interview gebeten.
"Verblüffende Ähnlichkeiten und Wechselwirkungen zwischen beiden Extremismusausprägungen"
L.I.S.A.: Frau Ebner, Sie haben jüngst ein Buch mit dem Titel „Wut. Was Islamisten und Rechtsextreme mit uns machen“ veröffentlicht. Der Titel deutet an, worum es geht. Bevor wir auf Einzelheiten zu sprechen kommen - welche Beobachtungen und Vorüberlegungen gingen dem Buch voraus?
Ebner: Als Forscherin bei der Extremismusbekämpfungsorganisation Quilliam, die von ehemaligen Islamisten gegründet wurde, beschäftigte ich mich zunächst vor allem mit islamistischem Extremismus. Vor allem versuchte ich zu verstehen, wie Radikalisierungsprozesse funktionieren, welche Motivationsfaktoren dabei mitspielen, welche Strategien und Taktiken islamistische Anwerber verwenden und natürlich wie wir diese Erkenntnisse für die Präventions- und Interventionsarbeit verwenden können. Als die britische Abgeordnete Jo Cox, die sich stark für Flüchtlinge eingesetzt hatte, kurz vor dem Brexit-Referendum von einem Rechtsextremisten Tommy Mair ermordet wurde, begann ich einen großen Teil meiner Freizeit in die Erforschung von Rechtsextremismus zu investieren. Dabei stellte ich viele verblüffende Ähnlichkeiten und Wechselwirkungen zwischen den beiden Extremismusausprägungen fest. Ich begann, diese Parallelen in den Narrativen, Weltbildern, Strategien und Zielsetzungen und die daraus resultierenden wechselseitigen Verstärkungs- und Abhängigkeitseffekte systematischer mit Datenanalsen, Feldstudien und Interviews zu untersuchen.
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