Frischlin, in eine gutbürgerliche württembergische Familie hineingeboren, durchlief eine solide Schulausbildung, während der sich bereits bald seine poetische Begabung zeigte. Als wortgewandter Lateiner machte er sich einen Namen, er wurde früh außerordentlicher Professor für Poesie und Geschichte in Tübingen und konnte 1576 die Krönung zum Poeta laureatus sowie 1577 die Erhebung zum Comes Palatinus durch Kaiser Rudolf II. feiern. So schnell sein dichterisches Talent erkannt wurde, so rasch entfaltete sich auch Frischlins auffälliger, unangepasster Charakter. Obwohl weit unten in der universitären Hierarchie, demütigte er ordentliche Professoren im Wissen um seine überlegene humanistische Bildung oder beanspruchte als Comes Palatinus bei Senatsverhandlungen den Ehrenplatz neben dem Rektor der Universität für sich. Andererseits schrieb er Bittbriefe an die Alma Mater, um eine bessere Besoldung oder eine gehobene Anstellung zu erlangen. Darüber hinaus maßte er sich Titel an, die ihm nicht zustanden, missbrauchte seine kaiserlichen Auszeichnungen und provozierte hitzköpfig Streitereien. Frischlin missachtete die gesellschaftlichen Konventionen und überschätzte seine Position, wenn er scharfzüngig Reformen vor allem im Bildungsbereich forderte. Als Dichter fühlte er sich jedoch in der Mahnerrolle und übte regelmäßig harsche Kritik an allen gesellschaftlichen Ständen, seine verbalen Attacken waren gefürchtet. Selbst vor der Person des Herzogs von Württemberg, Ludwig, als dessen Hofdichter er sich rühmen konnte, machte er nicht Halt: Offen spekulierte er, ob dessen Kinderlosigkeit in zwei Ehen nicht mit übermäßigem Alkoholkonsum zu tun haben könnte.
Bekanntheit erlangte Frischlin in der Literaturgeschichte aber nicht allein wegen seiner lateinischen Dramen, vielfach beschrieben wurde vor allem der heftig geführte Konflikt mit dem südwestdeutschen Adel, der den Schriftsteller seit der Veröffentlichung seiner Oratio de vita rustica im Jahr 1580 bis zu seinem Lebensende begleitete. In dieser zwei Jahre zuvor an der Universität Tübingen gehaltenen Einführungsvorlesung zu den Bucolica Vergils hatte Frischlin umfassende Gesellschaftskritik geübt und unter anderem die lasterhafte Lebensweise des niederen Adels angeprangert. Dazu hatte er Textbeispiele von vier literarischen Autoritäten angeführt: Er bezog sich auf die klassischen Dichter Plautus und Terenz sowie auf die humanistischen Schriftsteller Erasmus von Rotterdam und Juan Luis Vives. Der Ritteradel, den sowieso Existenzängste plagten, wehrte sich heftig gegen die Attacken aus dem Gelehrtenstand. Kompromisslos forderte die Ritterschaft die Verhaftung des streitbaren Autors, um diesen mundtot zu machen. Zum Erhalt der Rückendeckung des Herzogs setzte Frischlin eine erste deutschsprachige Rechtfertigungsschrift auf, die die kritischen Ausführungen seiner Vorlesung erläutern sollte. Doch dieser als Apologia betitelte Text fachte die Entrüstung des niederen Adels noch stärker an. Statt einer demütigen Entschuldigung gestaltete sich die Rechtfertigung nämlich als adelskritische Zitatesammlung, welche den Tadel verteidigte und zu bekräftigen suchte. Dreißig literarische Autoritäten mit insgesamt fünfzig Textbelegen versammelte die erste Rechtfertigungsschrift. In der Summe sämtlicher Adelstexte finden sich fünfzig Autoren mit über achtzig Belegstellen, Bibelverse oder Zitate aus der weiteren klassischen Literatur sind dabei nicht mitgezählt. Nicht grundlos klagte die Ritterschaft, dass Frischlin mit seiner Apologia „unter dem Schein einer Entschuldigung neue Anschuldigungen“ veröffentlicht habe. Es entbrannte ein jahrelanger (nicht nur schriftlich ausgetragener) Kampf, zahllose Briefe zu dieser Angelegenheit liefen über die Person des Herzogs zwischen den Konfliktparteien hin- und her, reduzierten sich auch durch das Exil Frischlins nicht und strapazierten die Geduld Ludwigs aufs Äußerste.
Insgesamt neun Überlieferungsträger dieser deutschsprachigen Rechtfertigungs- und Entschuldigungsschriften Frischlins führt der zweite Teil der Dissertation auf und liefert dazu kritische Editionen mitsamt den dazugehörigen Analysen. Obwohl der Adelskonflikt ein häufig aufgegriffenes Thema in der Forschung zu Frischlin war und ist, existierte bislang keine Textgrundlage; Wissenschaftler stützten sich einzig auf kurze Auszüge aus der Frischlin-Biographie von David Friedrich Strauß aus dem Jahr 1856. Ebenso wie die Schriften an sich bisher kaum zugänglich waren, muss auch der Kenntnisstand zu diesen Texten im Allgemeinen als gering bezeichnet werden. Eine umfangreiche Studie beleuchtet daher die Entstehungsgeschichte, den Aufbau, die Argumentation sowie die Zielsetzung der Adelsschriften Frischlins, die durchaus Werkcharakter beanspruchen können.
Der dritte Teil der Arbeit präsentiert die Neubearbeitung der sechs poetischen deutschen Texte, die Strauß im Jahre 1857 als „Deutsche Dichtungen“ vorgestellt hatte. Dessen Edition genügt den heutigen wissenschaftlichen Ansprüchen jedoch nicht mehr, bietet sie doch keinen kritischen Kommentar und übergeht stillschweigend unterschiedliche Lesarten; eine nennenswerte literarische Einordnung fehlt ebenso. Diese sechs Texte stammen aus unterschiedlichen Gattungen und zeigen deutlich, wie unterrepräsentiert und zugleich limitiert eine deutsche Dichtung in Frischlins Œuvre ist. Hier wird die „gestörte Rezeption“ (Günter Hess) des neulateinischen Schriftstellers Frischlin durch die Editionsbestrebungen im 19. Jahrhundert klar sichtbar. Der Poet selbst hatte eine volkssprachliche Poesie unumwunden als nebensächlich eingestuft: Ich habe „keinen Ruhm mit deutschen Reimen jemals gesucht.“ Mehr noch: Frischlin sah die deutsche Sprache nicht als passendes Werkzeug für eine gelungene Dichtung an und bezeichnete volkssprachige Reime als Zugeständnis an den murrenden Pöbel, der kein Latein verstand. Nicht umsonst existiert mit dem Drama Fraw Wendelgard auch nur ein deutsches Stück, das zu Frischlins Lebzeiten aufgeführt und gedruckt worden war. Die übrige volkssprachige Dichtung setzt sich aus einem kurzen Spottgedicht auf die Obrigkeit in Braunschweig, einer Ständesatire, bei der die Autorschaft Frischlins zu bezweifeln ist, und drei Bibeldramen zusammen, die der Dichter in seinen letzten Lebensmonaten im Kerker der Festung Hohenurach im Zustand tiefster Verzweiflung geschrieben hatte. Ob die Zuwendung zum Deutschen unter den außergewöhnlichen Umständen der Haft nun aus Überzeugung erfolgte, lässt sich nicht genau klären. Die Dramen selbst sowie der Schriftverkehr aus dem Kerker heraus ermöglichen jedoch einen erhellenden Blick auf das charakteristische Wesen des seiner Freiheit beraubten Schriftstellers.
Ein Leben lang eckte Frischlin an, schlussendlich war die Anzahl seiner Feinde jedoch zu groß geworden und die hitzköpfigen Ausbrüche hatten alle Unterstützer, zuletzt auch den Herzog selbst, vertrieben. Mit einem verzweifelten Aufbegehren wagte Frischlin in der Nacht vom 28. auf den 29. November 1590 den Ausbruch über das Ofenrohr – und stürzte von der Festungsmauer. Seine Schriften jedoch legen Zeugnis über seinen Charakter ab, und die erstmalige Edition der Adelsschriften zeigt eine neue, in der Forschung bisher unzulänglich beachtete Seite des deutschen Späthumanisten.