Ist die Ausübung von politisch motivierter Gewalt immer eine Form des Terrors bzw. gleichzusetzen mit Terrorismus? Dieser Frage, die angesichts gewalttätig ausgetragener Konflikte und allgegenwärtiger Terrorperzeptionen von besonderer aktueller Relevanz ist, geht die Historikerin Prof. Dr. Sylvia Schraut von der Universität der Bundeswehr in München in ihrem neuen Band nach. Ihre Perspektive ist dabei eine historische, die bis in die europäischen Gesellschaften vor 200 Jahren zurückreicht. Wir haben ihr dazu unsere Fragen gestellt.
"Eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Begriffen politische Gewalt und Terrorismus"
L.I.S.A.: Frau Professor Schraut, Sie haben ein Buch zur Geschichte von Terrorismus und politischer Gewalt in der Moderne geschrieben. Es ist nicht Ihr erstes Buch zu diesem Themenkomplex. Was unterscheidet das neue Buch von früheren? Was macht in diesem Zusammenhang ein Lehrbuch aus?
Prof. Schraut: Ein Lehrbuch für Studierende soll grundlegend in eine Thematik einführen, die Themenschwerpunkte in die Kontexte übergeordneter Fragestellungen einbinden, Problemstellungen aufzeigen, die es sich weiter zu verfolgen lohnt, und Hinweise auf weiterführende Literatur geben. Dies alles soll anhand konkreter Beispiele veranschaulicht werden. Im Falle der neuen Lehrbuchreihe, deren erster Band ich geschrieben habe, wünschten sich die Herausgeber auch noch zumindest in gewissen Umfang eine Methodendiskussion. Für den Themenkomplex politische Gewalt und Terrorismus erforderte ein solcher Ansatz eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Begriffen politische Gewalt und Terrorismus aus der Perspektive der Geschichtswissenschaft, aber auch mit dem Begriff der Sicherheit angesichts der Zielrichtung des Terrorismus. Die übrigen Kapitel stellen eine Mischung aus Fallbeispielen und daran zu veranschaulichenden Methoden einerseits, andererseits von spezifischen methodischen Zugriffen in Längsschnitten dar.
Zu der grundsätzlichen Beschäftigung mit politischer Gewalt und Terrorismus bin ich über mein eigentliches Forschungsfeld „Terrorismus und Gender“ gekommen. In den Publikationen zu diesem Thema ging es vor allem darum, Gender als Analysekategorie in der historischen und politikwissenschaftlichen Terrorismusforschung einzuführen und den Erklärungswert der Kategorie Geschlecht in der Gewaltforschung zu veranschaulichen.
Reaktionen auf den Beitrag
Kommentar
Diese Gleichstellung kann nicht ernst gemeint sein. Gewalt in einer Diktatur gleichzustellen mit Gewalt in einer freien Gesellschaft geht gar nicht! Hitler beseitigen zu wollen war nur unter Todesgefahr möglich. Protest der 68er war möglich und legal.
Ich sehe das leider heute immer wieder gerade auch von links. Demokratie bedeutet Mehrheiten zu gewinnen. Falls das nicht möglich ist, muss sie/er akzeptieren, dass die eigenen Vorstellungen nicht durchsetzbar sind. Leider zeigt sich, das diese eigentliche Selbstverständlichkeit durch unsägliche Vergleiche wie hier immer wieder in Frage gestellt wird. Wenn das aber so gesehen wird, dann wird der Rechtfertigung für Gewalt Tür und Tor geöffnet. 68 als heroischer Widerstand gegen eine Diktatur? Absurd.