Das Internet und die Digitalisierung von Kommunikation ermöglichen neue Partizipationsmöglichkeiten. Jede und jeder kann öffentlich seine Meinung mitteilen, Inhalte aller Art verbreiten und eine eigene Plattform aufbauen. Verbunden mit diesen neuen Optionen ist der Aufschwung von alternativen Nachrichtenmedien im Netz, die sich bewusst als Gegenöffentlichkeiten in Konkurrenz zu etablierten Medien stellen. Die Sozialwissenschaftlerin Dr. Lisa Schwaiger hat im Rahmen Ihres Dissertationsprojektes diese neuen Medienangebote analysiert und dabei eine Typologie aufgestellt. Wir haben ihr dazu unsere Fragen gestellt.
"Konkret sind mir verschwörungstheoretische Inhalte rund um das Thema aufgefallen"
L.I.S.A.: Frau Dr. Schwaiger, Sie haben als Kommunikations- und Medienwissenschaftlerin im Rahmen Ihres Dissertationsprojekts zu sogenannten alternativen Nachrichtenmedien im deutschsprachigen Raum geforscht. Ihre Studie ist inzwischen unter dem Titel "Gegen die Öffentlichkeit" erschienen. Bevor wir zu einigen Details Ihrer Arbeit kommen, was hat Sie zu diesem Thema geführt? Welche Beobachtungen und Überlegungen gingen Ihrer Untersuchung voraus?
Dr. Schwaiger: Alternative Nachrichtenmedien, also Medien, die oppositionell zu professionellen Leitmedien stehen, werden im aktuellen wissenschaftlichen wie auch öffentlichen Diskurs breit diskutiert – insbesondere im Kontext der Corona-Pandemie. Nun handelt es sich bei einem Dissertationsprojekt aber um ein mehrjähriges Projekt. Konkret habe ich 2017 mit der Konzeption des Projektes begonnen. Alternative Nachrichtenmedien waren zu dieser Zeit in der Wissenschaft zwar schon ein relevantes Untersuchungsphänomen, in der Öffentlichkeit aber noch eher von geringerer Bekanntheit. Zum Thema geführt haben mich demnach nicht die Ereignisse in den letzten beiden Jahren, sondern zunächst die Flüchtlingsbewegungen im Jahr 2015. In dieser Zeit habe ich erstmalig auf sozialen Medien mitbeobachtet, wie die als Flüchtlingskrise bezeichnete Phase von unterschiedlichen, auch gegenöffentlichen Akteuren und Akteurinnen thematisiert wurde. Konkret sind mir verschwörungstheoretische Inhalte rund um das Thema aufgefallen, die schließlich mein Forschungsinteresse mitgeprägt haben. Ich wollte mehr darüber wissen, was Gründe für die Verbreitung sogenannter alternativer Nachrichten sind und welche Narrative diese enthalten. Besonders interessiert hat mich in diesem Zusammenhang auch die Rolle von Social Media. Dass das Thema im Zuge der Corona-Pandemie noch an derartiger Relevanz gewinnen würde, war mir damals natürlich nicht bewusst.