Denkmäler haben ein Verfallsdatum. Das zeigt die historische Erfahrung - sowohl die jüngere als auch die ältere. Sie sind zwar für die jeweilige Gegenwart gedacht und gemacht, bleiben aber stets der Vergangenheit verhaftet. Das Verfallsdatum von Denkmälern hängt nicht zuletzt davon ab, wie sich die Gegenwart zur Vergangenheit verhält, wie sie diese einordnet und bewertet. So kann es sein, dass Denkmäler, die einst für die Ewigkeit zu stehen schienen, von der Zeit eingeholt und überholt werden. Ein aktuelles Beispiel dafür ist der Umgang mit den vielen Denkmälern des früheren Diktators Francisco Franco in Spanien (1892-1975). Die in Barcelona lebende Architektin und Vorsitzende des Kuratoriums der Gerda Henkel Stiftung, Julia Schulz-Dornburg, hat sich dabei auf die Reiterstandbilder Francos, die aufgrund eines Gesetzes von 2007 aus dem öffentlichen Raum entfernt worden sind, konzentriert und ist ihnen mit der Frage "Wo ist Franco?" nachgegangen. Herausgekommen ist dabei ein Buch, in dem sie ihre etwas andere Reise dokumentiert hat. Wir haben ihr dazu unsere Fragen gestellt.
"Die Reise beginnt mit dem Sturz des Reiterstandbildes in Barcelona"
L.I.S.A.: Frau Schulz-Dornburg, Sie haben jüngst ein Buch mit dem Titel „¿Dónde está Franco? Cuaderno de un viaje" (Wo ist Franco? Chronik einer Reise) veröffentlicht. Gegenstand Ihrer Publikation sind Reiterstandbilder des früheren spanischen Diktators Franco. Bevor wir zum Inhalt Ihres Buches kommen - was hat Sie bewogen, sich mit Franco-Standbildern zu beschäftigen? Welche Vorüberlegungen gingen Ihrem Projekt voraus?
Schulz-Dornburg: Ich habe im Jahre 2016 die Ausstellung “Franco. Victoria. Republica. Straflosigkeit und Öffentlicher Raum“ für das Born Museum in Barcelona entworfen. Ich wurde beauftragt, Francos Reiterstatue und die Sieges Skulptur “La Victoria“ in den städtischen Lagerhallen ausfindig zu machen und sie als Skulpturengruppe auf dem Museumplatz für die Dauer der Ausstellung aufzustellen. Die Installation war das Aushängeschild für die Ausstellung, die im Inneren des Gebäudes zu sehen war. Die Rezeption der Statuen auf der Plaza del Born wurde schon vor der Eröffnung kontrovers, ablehnend und erregt diskutiert. In der Folge kam es sogar zu Handgreiflichkeiten. Das Umstoßen der Reiterstatue verkürzte das Leben der Installation auf vier Tage. Seltsamerweise richtete sich die Wut nur gegen das Reiterbild, nicht gegen die Skulptur der Victoria, die den Fall des republikanischen Barcelonas und den Sieg des Franco-Regimes symbolisiert. Der kopflose Franco zog alle Aufmerksamkeit und Zorn auf sich. Es ist sicherlich befriedigender, Eier auf das Abbild des Despoten und nicht auf die allegorische Figur seines Sieges zu werfen. Und ein beworfener Reiter gibt ein besseres Pressebild her als die unbewegliche Dame im Bronzegewand.
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Kommentar
Trotzdem ist er tot und sein Abbild so zu verstümmeln, beschmutzen etc. hat etwas Kleingeistiges an sich.