"Wissen ist Macht" gehört im Deutschen zum Repertoire geflügelter Worte. Wissen genügt damit nicht sich selbst, sondern wird funktionalisiert, um Interessen durchzusetzen. Es sind nicht zuletzt Organisationen unterschiedlicher Art, die Wissen sammeln und auch selbst produzieren, um es dann als Ressource einzusetzen. Dass diese Praxis des Wissensregimes keine neue ist, zeigt der Historiker Dr. Nils Bennemann in seiner jüngst veröffentlichten Dissertationsarbeit anhand eines Fallbeispiels aus dem 19. Jahrhundert: die Geschichte der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt. Wie die Rheinschifffahrt und eine ihr sich widmende Zentralkommission mit Wissen und Wissensregimen zusammenhängen, das haben wir Dr. Nils Bennemann in unserem Interview gefragt.
"Eine Wissensgeschichte des Rheins im 19. Jahrhundert"
L.I.S.A.: Herr Dr. Bennemann, Sie haben im Rahmen Ihres Dissertationsvorhabens die Etablierung eines bestimmten Wissensregimes im 19. Jahrhundert erforscht: das Rheinwissen - so auch der Titel Ihrer Arbeit, in der als zentraler Akteur die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt im Mittelpunkt steht. Bevor wir zu einigen Einzelheiten kommen, woher rührt Ihr Interesse für dieses Thema? Welche Überlegungen gingen Ihrem Vorhaben voraus?
Dr. Bennenmann: Das ist die Frage nach dem „Wie kommen Sie auf ihr Thema?“. Das ist mittlerweile etwas länger her. Für manche Themen muss man zunächst einmal Interesse entwickeln. Im Falle von meinem Dissertationsprojekt speiste sich dieses Interesse aus zwei Strängen: Zunächst eine zeitlich weiter zurückreichende Faszination für die Ingenieursleistungen des 18./19. Jahrhunderts im Bau von Schifffahrtskanälen, die dann durch Seminare im Studium in wissenschaftliche Bahnen gelenkt wurde. In der Staatsexamensarbeit ging es dann um das westdeutsche Kanalsystem im 19. Jahrhundert, wobei der spannendste Aspekt war, wie eigentlich die Planungskarten für solche Großprojekte zustande kamen. Interesse an Kartographie und deren Geschichte ist dann der zweite Strang. In Gesprächen mit meiner Betreuerin über ein Dissertationsprojekt wurde dann schnell klar, dass man das Thema in einem transnationalen Setting weiterverfolgen könnte. Von dort entwickelte sich das Projekt – ursprünglich als Geschichte von Wasserbauten am Rhein geplant – zu einer Wissensgeschichte des Rheins im 19. Jahrhundert. Die wirklich allererste Akte, die ich zum Thema Kartographie in der Zentralkommission im Hauptstaatsarchiv Darmstadt gelesen habe, legte dies nahe. Die bespreche ich heute noch manchmal mit meinen Studierenden zum Thema Handschriftenkunde.