Die Frage nach der Rückgabe von Kulturgütern an das jeweilige Herkunftsland ist für viele Museen und Sammlungen derzeit ein zentrales Thema. Die gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland und in der Europäischen Union sind für die Gegenwart eindeutig: Illegal erworbenes Kulturgut muss zurückgegeben werden. Und hier fängt das Problem erst richtig an: Welcher Erwerb war illegal, welcher fand im Rahmen des damals gültigen Rechts statt? Doch bevor man sich sowohl juristisch als auch moralisch über die Rechtmäßigkeit bzw. die Nicht-Rechtmäßigkeit eines im eigenen Bestand befindlichen Objekts auseinandersetzen und verständigen kann, gilt es zu klären, woher es genau stammt. Wem gehörte es ursprünglich? Gerade für Kulturgüter aus kolonialen Räumen und Zeiten ist die Erforschung der Provenienz eines Objektes alles andere als einfach. Die Ethnologin Dr. Larissa Förster vom Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin befasst sich mit diesen Fragen und hat zuletzt mit Iris Edenheiser, Sarah Fründt und Heike Hartmann einen Band zu dieser aktuellen Debatte herausgegeben. Wir haben ihr unsere Fragen gestellt.
"Durch welche Hände ist das Objekt seit seiner Entstehung gegangen?"
L.I.S.A.: Frau Dr. Förster, gemeinsam mit Iris Edenheiser, Sarah Fründt und Heike Hartmann haben Sie einen Band zum Thema Provenienzforschung herausgegeben. Dabei stehen ethnographische Sammlungen der Kolonialzeit im Mittelpunkt. Bevor wir ins Detail gehen, was ist Provenienzforschung und warum ist sie wichtig?
Dr. Förster: Provenienzforschung ist Forschung zur Geschichte eines Objekts, und zwar von seiner Herstellung über die Stationen seiner Nutzung und seines Gebrauchs, seiner Weitergabe an oder Aneignung durch Wissenschaftler, Sammler und Museumsleute bis hin zu seinem aktuellen Verwahrungsort, also etwa einer deutschen oder europäischen öffentlichen oder privaten Sammlung. Kurz gesagt bzw. gefragt: Durch welche Hände ist das Objekt seit seiner Entstehung gegangen und wie ist es in die Sammlung gekommen? Man hat das manchmal als eine Geschichte der Besitzerwechsel beschrieben, und für den Kunstmarkt oder für Museumsjustiziare ist die Frage des Besitzes natürlich auch zentral. Aus Sicht der Forschung, gerade der Ethnologie, kommen noch sehr viele andere wichtige Aspekte in solch einer „Objektbiographie“ zum Tragen.