L.I.S.A.: Zu welchen Themen forschen Ihre Promovierenden?
Linnemann: Das Themenspektrum ist breit und umfasst Fächer wie Politikwissenschaften, Slavistik und Geschichte. Einen erstaunlich starken Schwerpunkt bilden außerdem kunstwissenschaftliche Themen, was insofern bemerkenswert ist, als in der deutschsprachigen Forschungslandschaft bislang wenige kunstwissenschaftliche Arbeiten mit einem Ost- oder Südosteuropabezug verfasst worden sind.
Viele der Arbeiten, die im Fach Geschichte entstehen, folgen dem transnationalen Forschungsansatz der Graduiertenschule. So untersucht beispielsweise Jacqueline Nießer die Aufarbeitung des Jugoslawienkrieges in einem europäischen Kontext. Max Trecker arbeitet zur Entwicklungspolitik, die der sozialistische Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe in Afrika verfolgt hat, und analysiert unter anderem, inwiefern Länder wie die DDR und Ungarn sie beeinflussen konnten. Henner Kropp untersucht die russische Kolonie in Alaska und die Vereinigten Staaten von Amerika in den Jahren 1787 und 1867, wobei die transimperiale Rolle der Kolonisten als außenpolitischer Akteure zwischen Russland und den Vereinigten Staaten von Amerika im Zentrum seines Interesses steht.
Mit dem Staatssozialismus befasst sich auf andere Weise Henriette Reisner, die sowjetische Animationsfilme analysiert und nach dem Wechselspiel zwischen dem individuellen Schaffensprozess und der Doktrin des sozialistischen Realismus und dem Einfluss der Disney-Filme auf die sowjetischen Animationsfilme fragt. Dem Wechselspiel der Wahrnehmung des Eigenen und des Fremden widmet sich Annelie Bachmaier, die ihre Dissertation über Konzeption des Fremden in der russischen Literatur des Anfangs des 20. Jahrhunderts schreibt.
So unterschiedlich und vielfältig die Themen sind, gemeinsam ist ihnen, dass sie soziale, kulturelle und politische Phänomene nicht isoliert verstehen, sondern sie mit Blick auf ihre Vielschichtigkeit und mögliche Verflechtungen untersuchen.
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