Vor 40 Jahren haben die Roten Khmer unter der Führung von Pol Pot Phnom Penh eingenommen, die Hauptstadt Kambodschas, und dort ein Terrorregime installiert. Dem war die Ausdehnung des Vietnamkrieges auf kambodschanisches Territoriums durch die USA vorausgegangen. Allein 1973 warfen US-amerikanische Bomber zweimal so viele Bomben über Kambodscha ab wie während des gesamten Zweiten Weltkrieges über Japan. Die Folgen dieser Massenbombardements sowie die Erinnerung an die Terrorherrschaft der Roten Khmer sind bis heute eine schwere Last für ein Land, das auf eine weit zurückreichende Geschichte zurückblicken kann - jenseits von Kaltem Krieg, B-52-Bombern, Roten Khmern und verbliebenen Minenfeldern. Der Historiker Prof. Dr. Bernd Stöver von der Universität Potsdam bereist das Land schon seit Jahren und hat jüngst eine Geschichte Kambodschas vorgelegt. Wir haben ihn zu seinem neuen Buch befragt.
"An Kambodscha kann man Mechanismen des Kalten Kriegs beobachten"
L.I.S.A.: Herr Professor Stöver, Sie haben zuletzt ein neues Buch veröffentlicht - die "Geschichte Kambodschas. Von Angkor bis zur Gegenwart". Wie kamen Sie zu diesem Thema? Warum Kambodscha?
Prof. Stöver: Ich bin vor etwa 14 Jahren auf das Thema Kambodscha gestoßen, und zwar zuerst nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, über das Thema des Kalten Krieges. Mich interessierte etwas anderes. Kambodscha gehört zu den großen untergegangenen Imperien, die nach ihrer über Jahrhunderte andauernden Hoch-Zeit scheinbar völlig unvermittelt verschwanden, aber unglaublich eindrucksvolle Architektur hinterließen. Die Europäer, die seit dem 16. Jahrhundert und dann vor allem im Zuge der Einrichtung des französischen Kolonialgebiets „Cambodge“ in Südostasien die Tempelanlagen systematischer erforschten, zunächst kaum vorstellen, dass es die verarmten-rückständigen Khmer gewesen sein sollten, die die Bauherren gewesen war. Als die ersten christlichen Missionare im 16. Jahrhundert die Anlagen sahen, vermuteten sie sogar antike griechische Bauten, war doch schon Alexander der Große bis nach Indien vorgestoßen. Parallel dazu entstand seit 1860er Jahren im Westen ein umfassendes Interesse an dieser scheinbar „vergessenen Welt“, die auch in der Literatur einen deutlichen Niederschlag fand. Vergleichbar war das vielleicht mit der heutigen Begeisterung für Spielfilme über „vergessene Welten“, wie sie Hollywoodfilme á la „Indiana Jones“ auslöste. Insofern bin auch ich eher über mein Interesse für Architektur und den Mythos Angkor auf das Thema gestoßen. Ich habe danach weit über ein Dutzend Reisen in das Land und seine Nachbarstaaten unternommen, um das Land zu verstehen und mir vor allem die Khmer-Tempel anzuschauen, die weit über das jetzige Staatsgebiet Kambodschas sich auch im heutigen Laos und Thailand finden.
Kambodscha – oder offiziell „Kampuchea“ – gehört aber aus wissenschaftlicher Sicht auch zu den interessantesten Ländern, wenn es um die realen Auswirkungen des Kalten Krieges geht. An ihm kann man in vielfacher Weise die Mechanismen des Konflikts beobachten, bis hin zur Verkehrung der Fronten, wie man sie in den 1980er Jahren beobachten konnte, als unter anderem die USA die in die Wälder geflüchteten Radikalkommunisten der Roten Khmer unter Pol Pot unterstützten, weil sie gegen Vietnam, gegen das die USA gerade den Vietnamkrieg verloren hatten, aber mit China kämpften, mit dem Washington 1972 einen gegen die Sowjetunion gerichteten Vertrag abgeschlossen hatten, der Peking faktisch als Ordnungsmacht nach dem Abzug der US-Truppen eingesetzt hatte. Der amerikanische Vietnamkrieg und seine Vorgeschichte in den 1950ern, waren es zuvor, die Kambodscha, das nach dem Ende des Ersten Indochinakriegs 1954 noch zu den großen demokratischen Hoffungen Südostasien gehörte, in die Katastrophe des „Demokratischen Kampuchea“ der Roten Khmer katapultierte. Es gibt kaum jemanden, der heute noch bestreitet, dass es die über 200.000 amerikanischen Bomberangriffe waren, die Pol Pot erst möglich machten. Die dadurch zu Waisen gewordenen Kinder und Jugendlichen, die zu Pol Pot kamen, gehörten zu den unbarmherzigsten Vollstreckern des Völkermords in Kambodscha, der mindestens rund 1,7, vielleicht aber auch über drei Millionen Kambodschanern das Leben kostete.
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Islamismus, BDS, Chinas aggressive Politik - all das ist kein Problem.
Die Hauptsache für die vom Steuerzahler wohlgemästete "linksliberale Zivilgesellschaft" ist es gegen die USA, den Westen und Deutschland zu agitieren.
Trump hat immerhin China die Stirn geboten, während Merkel eine Ergebenheitsadresse nach der anderen schickt. Während die Afrikaner glänzende Geschäfte mit China machen, wird hier der Popans des europäischen Neokolonialismus aufgemacht. Statt über Zukunftsthemen wird über Reparationen und Dekolonialmus philosophiert - willkommen in der Vergangenheit kann man da nur sagen.
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