Der Blick durch das Schlüsselloch und das Lauschen an der Tür gehören nicht zur feinen englischen Art, aber gehören Sie zur römischen? Der Althistoriker Prof. Dr. Michael Sommer hat sich in seinem Buch „Dark Rome. Das geheime Leben der Römer“ auf die Suche danach begeben, was hinter den verschlossenen Türen, in den dunklen Gassen und der Unterwelt des antiken Rom vor sich ging. Wir haben ihm unsere Fragen dazu gestellt und wollten mehr über die Welt der antiken Verschwörer, Giftmischer und Mörder erfahren.
"Wie weit man mit den vorhandenen Quellen gehen kann, ohne etwas dazuzuspinnen"
L.I.S.A.: Professor Sommer, in Ihrem jüngsten Buch „Dark Rome“ widmen Sie sich dem Leben hinter den verschlossenen Türen des antiken Rom. Welche Vorüberlegungen gingen dem Buch voraus und was war Ihre Motivation – neben dem offensichtlichen Reiz des Verborgenen?
Prof. Sommer: Ich kann mich nicht für andere loben lassen. Die Idee zu dem Buch hatte mein Lektor beim Verlag C.H. Beck, Stefan von der Lahr. Als er mir von der Idee erzählt hat, war mir sofort klar, dass ich dieses Buch unbedingt schreiben wollte. Es ist eine Herausforderung, sich der römischen Geschichte durch die Schlüssellochperspektive zu nähern und in allen möglichen Ecken des antiken Alltags herumzustöbern. Etliche der Winkel, die so zum Vorschein kamen, waren mir natürlich vertraut, manche aber sehr viel weniger. Gerade darin besteht der Reiz eines solchen Projekts: auszuloten, wie weit man mit den vorhandenen Quellen gehen kann, ohne etwas dazuzuspinnen, was nicht drinsteht. Auch mit dem, was die antiken Quellen berichten, lassen sich großartige Geschichten erzählen. Wer kann als Historiker dieser Versuchung widerstehen?