[10:09:51] Georgios Chatzoudis: Wenn Sie sich solche alten und historisch bedeutende Dokumente anschauen und sie untersuchen, werfen Sie da auch einen Blick auf den Inhalt der Dokumente oder konzentrieren Sie sich ausschließlich auf die Materialbeschaffenheit und eventuelle Schäden?
[10:12:26] Eva Brozowsky: Der geschichtliche Hintergrund und eine kulturelle Einordnung sind auch für die Restaurierung sehr bedeutsam. Wir versuchen allen Aspekten eines Objekts gerecht zu werden. Allerdings sind wir in erster Linie für die Erhaltung zuständig und erst an zweiter Stelle Historiker und Naturwissenschaftler.
[10:13:10] Georgios Chatzoudis: Um was für Schäden handelt es sich bei den in Bamako lagernden Dokumenten? Wie kann man sich das vorstellen?
[10:19:21] Eva Brozowsky: Das sind sehr vielfältige Schäden, die auch durch die Lagerung in privaten Haushalten, das Klima und die allgemeine Alterung des Materials erklärt werden können. Als erstes ist dort die Brüchigkeit der Papiere und des Leders der historischen Schutzumschläge zu nennen, die durch die Trockenheit verursacht wurde. Insekten- und Mäusefraß ist auch sehr vielfältig zu beobachten. Frühere Wasserschäden haben die sehr empfindlichen Tinten verlaufen lassen. Und sehr viele mechanische Schäden die durch Reisen und unsachgemäßes handling entstanden sind. Zudem haben viele Manuskripte keinen historischen Schutzumschlag und wurden in moderne aber säurehaltige Papiere gelegt, die nun das Material nachhaltig schädigen.
[10:20:50] Georgios Chatzoudis: Das klingt aber nach sehr viel Arbeit. Glauben Sie, dass man diese Schäden wird beheben können? Was zum Beispiel unternehmen Sie, um verlaufende Tinte wieder ins Lot zu bringen?
[10:24:51] Eva Brozowsky: Prinzipiell kann man immer den Zustand eines gefährdeten Manuskripts verbessern. Die richtigen Konservierungsmethoden helfen uns ein Objekt zu erhalten. Die Restaurierung eines Manuskripts kann ebenfalls zu Erhaltung beitragen, aber manche Schäden kann man nicht mehr vollständig rückgängig machen. Wir werden die Papiere reinigen und sichern, aber eine verlaufende Tinte ist Teil der Geschichte des Objekts und sollte weiterhin ablesbar bleiben.
[10:26:29] Georgios Chatzoudis: Das ist sehr interessant und darüber würde ich gerne noch etwas mehr erfahren: Was unternehmen Sie beispielsweise bei brüchigem Papier? Wie schützen Sie es vor weiterem Verfall?
[10:30:53] Eva Brozowsky: Es gibt viele Methoden das Papier zu stabilisieren. Aber bei den Manuskripten müssen wir auf wasserbasierende Methoden verzichten, da die Tinten zu empfindlich sind. Das Papier wird mit geeigneten, sehr dünnen aber stabilen Japanpapieren und Klebstoff gesichert. In einzelnen Fällen müssen wir das Papier auch flächig hinterlegen oder es mit einer Nachleimlösung behandeln, wenn die Tinte das zulässt.
[10:32:23] Georgios Chatzoudis: Bietet sich denn in solchen Fällen nicht auch die moderne Technik an? Wie steht es zum Beispiel um die Digitalisierung der Manuskripte? Wäre das nicht einfachste Form, um die Materialen dauerhaft zu sichern und verfügbar zu machen?
[10:34:52] Eva Brozowsky: Ja, die Digitalisierung wird eines der Ziele sein. Aber um die Manuskripte überhaupt digitalisieren zu können, sind die restauratorischen Schritte unerlässlich. Zum Beispiel kann die beste Digitalisierung nicht viel ausrichten, wenn die Manuskriptseiten zu stark verschmutzt sind.
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