L.I.S.A.: Sie sind vor allem in der Bonner Bloggerszene sehr aktiv. Auf Ihrer Homepage kann man nachlesen, dass es Ihnen dabei um die Vernetzung lokaler Blogger geht. Muss man das organisieren? Geschieht die Vernetzung nicht von selbst?
Foerster: Ich selbst bin erst nach und nach auf die ausgeprägte Blogosphäre in Bonn aufmerksam geworden. 2004 habe ich mit dem Studium in Bonn begonnen. 2010 fing ich an mich bei Twitter vor allem lokal zu vernetzen. Ich wollte über den Kurznachrichtendienst erfahren, was in der Stadt los ist und was die Menschen in meiner nächsten Umgebung erleben und mitteilenswert finden. Darüber lernte ich dann auch einige Bonner Blogger persönlich kennen, beziehungsweise ich fing an ihre Blogs und Tweets regelmäßig zu lesen. Es waren nicht nur Katzenbilder, sondern ein Abbild des ganzen Lebens, vom abendlichen Ausgehen bis zur Forschung am Tag danach.
Das persönliche Kennenlernen fand dann nach und nach bei verschiedensten offenen Treffen oder auch Meetups statt. Das erste Treffen dieser Art, das ich besuchte, war die Socialbar, ein Treffen für internetaffine Weltverbesserer, organisiert von Deutscher Welle und Engagement Global. Dort kann jeder, der mag hinkommen, sich drei Vorträge anhören bzw. einen anbieten und sich vernetzen. Wer vortragen oder einfach nur vorbeikommen möchte, kann sich vorher in ein Wiki eintragen und ist damit quasi schon dabei. Diese persönlichen Treffen sind ein ganz wichtiges Element: digital vernetzte Menschen treffen sich auch sehr gerne „in echt“ in ihrem Ort oder zu einem Anlass, wie zum Beispiel der Internet- und Gesellschaftskonferenz re:publica in Berlin. Dort wurde das Konzept der „IronBlogger“ 2013 vorgestellt und Johannes Mirus, Betreiber des Lokalblogs Bundesstadt.com legte mit Charlotte Jahnz und mir den Grundstein für die IronBlogger Bonn. Ca. 30 Bonner bloggen mindestens einen Artikel pro Woche, ansonsten zahlen sie 5€ in die gemeinsame Bierkasse. Das gibt natürlich regelmäßig Anlass sich zu treffen und auszutauschen. Es braucht also immer wieder Anlässe, Veranstaltungen, verabredete Gelegenheiten und Standards, aber auch echte Räume, die die offene Vernetzung untereinander erleichtern.
Und da bietet es sich nur an, auch selbst einen Beitrag dazu zu leisten. Gemeinsam mit Karin Krubeck von Bonngehtessen.de und Johannes Mirus habe ich Anfang dieses Jahres das erste BarCamp Bonn organisiert: mehr als 170 Teilnehmer waren da und haben morgens gemeinsam geplant, welche Vorträge im Laufe des Tages stattfinden. Wir brauchten nur den Rahmen organisieren, die Vernetzung und die spontane und zufällige Wissensweitergabe geschah dann quasi von alleine. Besonders freue ich mich auch auf das nächste BarCamp für Historiker, HistoCamp, das am 27. und 28. November 2015 in Bonn stattfinden wird, wozu alle Leser/innen herzlich eingeladen sind.
Eine wichtige Rolle spielt auch der Blog-Aggregator BonnerBlogs.de, den ich vor etwas mehr als einem Jahr gestartet habe: er macht überhaupt sichtbar, wie vielfältig die Bonner Blogosphäre ist. Mittlerweile sind es über 650 Blogs aus Bonn und Umgebung, die dort gesammelt werden. Die Kategorien reichen von Elternblogs über Fashionblogs bis hin zu Wissenschaftsblogs. Gerade letztere Kategorie ist dank des Blogportals de.hypotheses.org, das ich als Community Manager für die Max Weber Stiftung in der Geschäftsstelle in Bonn betreue, sehr belebt.
Nebenbei ist es für Wissenschaftsblogger doch interessant auch über die engen Kreise der „Scientific Community“ sichtbar zu werden und Wissenstransfer in andere Gesellschaftsbereiche zu ermöglichen. Für mein eigenes Promotionsprojekt zu den „Deutschen Nachkriegskindern“ ist diese Sichtbarkeit und Vernetzung sehr wichtig im Rahmen des Crowdfundings gewesen und auch bei einem späteren Crowdsourcing kann eine breite und vernetzte Community aus der Gesellschaft bei der Forschung helfen - zumindest spekuliere ich darauf. Was Bonn noch zur besseren Vernetzung der Digitalszene fehlt, sind echte Räume, in denen man spontan zusammenarbeiten kann, wo man Equipment und Unterstützung in einer kreativen Umgebung erhält, also einen CoWorking-Space für die Community. Manchmal ist es das einsame Genie im Elfenbeinturm, dass einen wissenschaftlichen Fortschritt loslöst; ich glaube aber an die offene und vernetzte Teamarbeit zur Findung kreativer Lösungen und da fühle ich mich bei den Bloggern bisher besser aufgehoben, da diese eine solche Arbeitsweise für sich bereits verinnerlicht haben.