L.I.S.A.: Wenn Sie also einen Wikipedia-Artikel über einen so komplexen Zusammenhang wie die Entstehung und Geschichte des Norddeutschen Bundes schreiben, wie gehen Sie da vor? Wo holen Sie sich Ihr Wissen her und wie kompilieren Sie das dann zu einem Artikel, den möglichst viele verstehen sollen?
Es fängt eigentlich mit dem Nachdenken darüber an, um welchen Inhalt oder welche Materie es geht, und wie man diesen Stoff segmentieren kann. Diese Segmentierung führt zur Frage nach den geeigneten Lemmata, also den voneinander abgegrenzten enzyklopädischen Einträgen. Diese sind dann normalerweise identisch mit den Titeln der Artikel. Innerhalb der Artikel sollte es eine angemessene Gliederung geben. Die Hoffnung ist, dass der Leser durch den Titel rasch den „richtigen“ Artikel findet und dort sich an der Gliederung orientieren kann.
Wenn ich früher ab und zu ein bisschen angelesenes Wissen zum Norddeutschen Bund hatte, habe ich es in den allgemeinen Artikel „Norddeutscher Bund“ gestellt. Dadurch sind aber einige Abschnitte des allgemeinen Artikels angeschwollen, und die Gewichtung wurde ungleichmäßig. Manches wurde recht detailliert, anderes sehr oberflächlich abgehandelt.
Als ich mit neuem Schwung an die Epoche herangegangen bin, wollte ich das vermeiden. Darum habe ich beispielsweise für die Außenpolitik einen eigenen Artikel geschrieben und die betreffenden Abschnitte im allgemeinen Artikel etwas zurechtgestutzt. Den allgemeinen Artikel kann man inhaltlich als „Oberartikel“ und den zur Außenpolitik als „Unterartikel“ oder „Detail-Artikel“ ansehen.
Dasselbe Problem hatte ich aber auch beim „Unterartikel“: Zur Außenpolitik des Norddeutschen Bundes gehören beispielsweise Krisen wie die belgische Eisenbahnfrage oder die spanische Thronfolge. Es hat mir geholfen, dass ich erst Artikel zu diesen Unterthemen verfasst habe. Als ich mich danach an den Artikel zur Außenpolitik gemacht habe, kannte ich die Materie bereits. Außerdem konnte ich dort einfach je zwei, drei zusammenfassende Abschnitte zu den einzelnen Krisen schreiben und ansonsten auf die jeweiligen Artikel dazu verweisen.
Zur Herkunft des Wissens: In der Wikipedia soll ja etabliertes Wissen aus den Fachwissenschaften dargestellt werden. Es ist erwünscht, dass möglichst aktuelle und anspruchsvolle Literatur herangezogen wird. Das ist nicht nur aufwändig, sondern führt zu der Herausforderung, einen Artikel zu schreiben, den die Leser auch ohne eigene Fachkenntnisse verstehen. Ich bemühe mich beim Schreiben durchaus auch um eine Art Übersetzung aus der eigentlichen Fachsprache.
Bei den Artikeln zu Revolution und Bundesgründung habe ich zwar meist eigentliche Fachliteratur im Sinne von Forschungsliteratur verwendet. Dabei gebe ich zu, dass ich mir nicht immer die Mühe gemacht habe, die alleraktuellste Literatur zu besorgen – das Schreiben für die Wikipedia ist schließlich ein Hobby. Oft habe ich die Deutsche Verfassungsgeschichte von Ernst Rudolf Huber als Grundlage genommen. Dieses achtbändige Handbuch ist zwar schon einige Jahrzehnte alt, aber auch neuere Werke verweisen in ihren Fußnoten häufig darauf. Zum Abgleich habe ich oft die Handbücher von Michael Kotulla verwendet. Ich habe aber kaum jemals festgestellt, dass Huber wirklich danebengelegen hätte.