Mit Hollywood verbindet man Blockbuster, Actionfilme und Romanzen in hoher filmischer Professionalität. Kinofilme sind jedoch nicht nur ein beliebtes Unterhaltungsmedium, sie transportieren auch Konzepte und Werte der Gesellschaften, in denen sie produziert werden. Dazu gehören nicht zuletzt Vorstellungen von „Gut“ und „Böse“. Während der „Gute“ in der Regel ein Stellvertreter der eigenen Gesellschaft ist, wird als „Böser“ die Karikatur des Anderen präsentiert – mit allen negativen Eigenschaften, die man bei sich selbst nicht wahrnehmen möchte. Entlehnt aus realen tagespolitischen Ereignissen wie dem Kalten Krieg oder dem „Krieg gegen den Terror“ wurden und werden so Feinbilder gezeichnet, die wiederum unsere Wahrnehmung und damit die Realität beeinflussen. Muss der „Böse“, ohne den kein Held auskommt, immer ein Stereotyp des Anderen sein? Wie halten wir es in Zeiten komplexerer Diskussionen mit unseren Feinbildern? Dieser Frage ist Dr. Stefan Butter in seiner umfassenden Studie zum Feindbildwandel in den USA nachgegangen, zu der wir ihn im L.I.S.A.Interview befragt haben.
"Das Medium Film wurde von der Geschichtswissenschaft nur wenig beachtet"
L.I.S.A.: Herr Dr. Butter, Sie widmeten sich in Ihrer vor Kurzem veröffentlichten Dissertation den "Bösen", soll heißen Feinbildern in US-amerikanischen Spielfilmen. Sie schreiben, dass Ihre Arbeit Sie lange, beinahe 14 Jahre, begleitet hat. Woher rührt Ihr Interesse an dieser besonderen Thematik? Und welche Überlegungen gingen der Studie voraus?
Dr. Butter: Als ich 14 Jahre alt war, habe ich angefangen, mit Freunden Amateurfilme zu drehen. Von da an habe ich mich mit Filmen auch immer stärker theoretisch auseinandergesetzt. Während meines Studiums gab es dazu an der Universität allerdings, gerade im Fach Geschichte, kaum Angebote; es war offensichtlich, dass das Medium von der Geschichtswissenschaft nur wenig beachtet wurde. Schon deshalb fand ich es spannend, in meiner Zulassungsarbeit für das Staatsexamen mit Spielfilmen als Quelle zu arbeiten. Als Thema wählte ich den „Ost-West-Konflikt im amerikanischen Spielfilm der 1980er Jahre“, weil ich hierzu direkt eine ganze Reihe Filme im Kopf hatte, die zu untersuchen interessant sein würde. Zudem erschien mir die Betrachtung des Jahrzehnts, in dem der Kalte Krieg zu Ende ging, besonders spannend. Im Zuge dieser Arbeit stieß ich dann auf die Feindbildthematik als einen zentralen Aspekt, der sich schnell herauskristallisierte. Es wurde mir bewusst, was für eine wichtige Rolle die UdSSR bzw. der Kommunismus als Feindbild für die Vereinigten Staaten gespielt hatte. Insbesondere die Umorientierung auf andere Feindbilder als Reaktion auf die weltpolitischen Umwälzungen konnte ich in dieser Arbeit aber natürlich nur anreißen, und da ich mich damit gerne noch intensiver beschäftigen wollte, entschloss ich mich, darüber zu promovieren. Die Entwicklungen in den Jahren, in denen ich an der Dissertation gearbeitet habe, haben mir die Relevanz des Themas dann immer wieder neu vor Augen geführt.