Im Netz kursierte zuletzt ein Bild, auf dem mehrere Japaner zu sehen waren, die sich um eine Deutschlandfahne gruppierten, auf der zu lesen war: "So geht Integration". Der Begleittext zu diesem Bild: "Danke", "keine Sprach- und Integrationskurse nötig", "null Kriminalität", "keine Steuermittel beansprucht". Ganz anders vergleichbare Netzdiskurse über Menschen in Deutschland beispielsweise mit türkischem Hintergrund. Wer sich noch an die Debatten um Mesut Özil und die deutsche Nationalhymne erinnert oder an die über Wähler des türkischen Präsidenten Erdogan, hat bald Begrifflichkeiten wie "Parallelgesellschaft", "Integrationsverweigerer" etc. vor Augen. Ob eine Integration gelungen ist oder nicht, ist so gesehen vor allem an die Erwartungen der Mehrheitsgesellschaft gebunden. Diese wiederum seien oft noch rassistisch motiviert, so die These der Historiker Dr. Daniel Stahl von der Universität Jena und Prof. Dr. Jacob S. Eder von der Barenboim-Said Akademie in Berlin. Wir haben ihnen dazu unsere Fragen gestellt.
"Affirmative 'Erfolgsgeschichten' kritisch hinterfragen und auf deren Blindstellen hinweisen"
L.I.S.A.: Herr Prof. Eder, Herr Dr. Stahl, Sie haben sich jüngst in einem Zeitungsartikel zum Thema "Rassismus in Deutschland" aus einer zeithistorischen Perspektive gewidmet. Dabei geht es Ihnen insbesondere um eine kritische Überprüfung des Narrativs von der "geglückten Demokratie" spätestens seit der Wiedervereinigung von 1990. Sie halten dem entgegen, dass dieses Narrativ einen Teil der jüngeren Geschichte und vor allem eine bestimmte Gruppe in Deutschland ausblende. Was und wen genau meinen Sie?
Prof. Eder: Als Historikern geht es uns beiden ganz grundsätzlich darum, affirmative „Erfolgsgeschichten“ kritisch zu hinterfragen und auf deren Blindstellen hinzuweisen. Das Narrativ der „geglückten Demokratie“ in Deutschland seit 1990 ist ein gutes Beispiel dafür. Diese Deutung basiert nämlich fast ausschließlich auf den Wahrnehmungen der Mehrheitsgesellschaft und blendet die Erfahrungen der in Deutschland als fremd markierten Menschen aus. Wir haben uns exemplarisch mit der Geschichte der Türkeistämmigen in Deutschland befasst und vor allem die Frage nach den ungleich verteilten politischen und gesellschaftlichen Partizipationsmöglichkeiten in den Mittelpunkt gestellt. Man könnte aber auch viele andere Beispiele dafür nennen: die Erfahungsgeschichten von People of Color oder der Roma. Die momentane Debatte lenkt ja gerade viel Aufmerksamkeit auf Rassismus in Deutschland und den Umgang mit dem Erbe der Kolonialzeit. Aber auch der weitverbreitete Antiziganismus tritt gerade durch die Corona-Pandemie zum Vorschein. Denken Sie beispielsweise an das Codewort „Großfamilie“, welches Journalisten in ihrer Berichterstattung verwenden. Das ist eine typische „dog whistle“, also die Verwendung einer Formulierung, die für viele harmlos klingt bzw. gar nicht gehört wird, um im Bild zu bleiben, die aber an andere eindeutige politische Signale vermittelt.
Reaktionen auf den Beitrag
Kommentar
Auch hier werden dann am Ende wieder identitätspolitische Rezepte in den Ring geworfen. Ein grotesker Irrweg. Alle Menschen sind gleich. Insgesamt ein schwaches Interview, in dem sich die Herren Profesoren sich den Mainstream einordnen und keinerlei Überraschendes bieten. Schade.