L.I.S.A.: Zum Abschluss noch ein Blick auf die Rezeption von Elmar Altvater: Konnte er Einfluss nehmen auf gesellschaftliche und politische Debatten, wurde er gehört oder blieb er ein Außenseiter im gesellschaftlichen und akademischen Diskurs? Wo traf sein Wirken vor allem ein Echo – Stichwort: Lateinamerika? Und: Was ist aus Ihrer Sicht das bleibende Verdienst von Elmar Altvater?
Prof. Brand: Auf der institutionellen Ebene bleibt wohl wenig. Elmar Altvater gehörte ja auch zur Generation der kritischen ProfessorInnen am Otto-Suhr-Institut (OSI) der Freien Universität Berlin und hat sich auch immer institutionell engagiert. Doch in der direkten Nachfolgegeneration ab etwa dem Jahr 2000 hat sich eine wenig plurale Mainstream-Fraktion der Politikwissenschaft durchgesetzt, die die kritischen Inhalte rasch geschliffen hat. Es gibt noch und wieder einige kritische Leute am OSI, aber das Institut wird nicht mehr mit der damals überragenden Theoriebildung und mit wegweisenden empirischen Studien verbunden. Aber es gibt natürlich Generationen von WissenschaftlerInnen und Nicht-WissenschaftlerInnen, die durch die „Altvater-Schule“ gegangen sind und von ihm kritisches Denken lernten.
Breitere Öffentlichkeit erreichte Elmar Altvater vor allem im linksliberalen Spektrum, nehmen wir die tagenszeitung in Berlin, die Frankfurter Rundschau oder die bereits genannten Blätter für deutsche und internationle Politik. Aber selbst in der wirtschaftspolitisch ja wenig progressiven Zeit war er präsent.
International war und ist Altvater in Lateinamerika recht bekannt, es wurden einige Arbeiten übersetzt; ebenso natürlich ins Englische. Für andere Sprachen kann ich das nicht beurteilen. Die Rezeption in anderen Sprachen hängt auch oft davon ab, ob jüngere WissenschaftlerInnen an die eigene Uni kommen, insbesondere im Rahmen einer Dissertation, und die Anregungen in das eigene Land mitnehmen. Das war bei dem produktiven Elmar Altvater zweifellos der Fall. Allerdings finde ich, dass viele der überragenden Köpfe aus dieser wissenschaftlichen Generation sich zu wenig darum gekümmert haben, dass ihre Bücher oder Aufsätze in andere Sprachen übersetzt wurden. Das ist ja kein Selbstläufer. Für die nächsten Jahre traue ich mich vorauszusagen, dass vermehrt Arbeiten von ihm übersetzt werden. Ich habe schon die erste Anfrage aus Kolumbien vorliegen. Bei den Themen von ihm, die sich ja immer um Fragen der kapitalistischen Globalisierung, ökologischen Krise, Theoriebildung und anderes drehten, ist die weitere Verbreitung ja auch naheliegend.